Stadt Münster: Die Ausgrabungen auf dem Parkplatz an der Stubengasse 1997 bis 1999

Zwischen Clemenskirche und Klarissenkloster

Die Ausgrabungen auf dem Parkplatz an der Stubengasse 1997 bis 1999

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Von Paradieskörnern und Portulak

Pflanzenreste aus Brunnen und Kloaken

Ralf Urz

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Wohin mit dem Müll?

Wenige Jahrhunderte später war das Gelände bereits in die städtische Struktur Münsters mit kleineren Parzellen und einer bürgerlichen Bebauung eingebunden. In einem feuchten Hinterhofgelände wurden Abfall- und Auffüllschichten abgelagert, die archäologische Funde aus dem 15. Jahrhundert enthielten. Die Pflanzenreste dieser Schichten geben einen Einblick in die Ernährungs- und Umweltverhältnisse der Bürger Münsters während des Spätmittelalters.

Getreide war auch weiterhin das wichtigste Grundnahrungsmittel: Aus Roggen- und Weizenmehl wurde Brot gebacken, während man Gerste und Hirse eher als Brei, Grützspeise und in Suppen verzehrte. Roggen und Gerste konnten auch in Münster nachgewiesen werden. Als Gewürz und Gemüse dienten Sellerie, Kohl, Raps oder Senf. Hinzu kamen die Ölpflanzen Lein und Schlafmohn.

Aus Portulak, einer kleinen, heute in Deutschland kaum mehr genutzten Pflanze, lässt sich Spinat oder ein vitamin- und mineralreicher Salat zubereiten. Mit dem Nachweis von Portulak-Samen ist seine damalige Nutzung jedoch nicht gesichert, da auf den sandigen Böden Münsters wohl auch der wilde Portulak wuchs. Ob eine gefundene Frucht vom Mangold stammt, der als Spinat gegessen werden kann, oder von der Runkelrübe, lässt sich an dem Pflanzenrest selbst nicht entscheiden. In Westfalen aß man die Blätter und Rippen vom Mangold noch im letzten Jahrhundert gern gemeinsam mit Kartoffeln und Rauchfleisch als Eintopf.

Portulac

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Als willkommene Ergänzung des Speisezettels diente das Kulturobst. In Münster sind die sicherlich importierte Feige und die Süß- oder Sauerkirsche nachgewiesen. Reichhaltig war auch das Angebot an Sammelfrüchten, von denen die Haselnuss, die Erdbeere, Brom- und Himbeeren, Holunder und die Heidel- oder Preiselbeere nachgewiesen wurden.

Interessant ist der Nachweis von Hopfen und Gagel. In Münster könnten sie als Bierwürzen verwendet worden sein, um Bier haltbarer, geschmack- und rauschvoller zu machen. Bier war schon im Mittelalter ein wichtiges und beliebtes Nahrungsmittel. Seit dem 16. Jahrhundert, nach dem Verbot von Gagel, Bilsenkraut und anderen rauscherzeugenden Zusätzen (das noch heute gültige "Reinheitsgebot"), wurde dem Bier schließlich nur noch Hopfen zugesetzt.

Sehr viele Unkräuter aus den Auffüllschichten wuchsen an nährstoffreichen, stark gestörten Plätzen und fügen sich gut in das Bild eines verwilderten Hinterhofs. Wasserpflanzen und Pflanzen von Feuchtstandorten bestätigen das mit Entwässerungsgräben durchzogene Gelände. Dass dort wohl auch Fäkalien aus den umliegenden Latrinen entsorgt wurden, erschließt sich aus einem größeren Anteil an Getreidehäutchen in den Proben. Sie wurden nach dem Verzehr von Brot oder Brei unverdaut wieder ausgeschieden. Auch die Unkräuter der Getreidefelder wie die Kornrade, die Kornblume, der Sandmohn und der Acker-Windenknöterich können über die Getreidenahrung in Latrinenablagerungen und schließlich in die Abfallschicht gekommen sein.


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