Weseler Straße 6

Bearbeitet von Adrian & Helge

Aus der Geschichte des Hauses

Wo früher Linden standen, herrscht heute dichter Verkehr. (Foto: Dezember 2010, Häuserforscher)

Wo früher Linden standen, herrscht heute
dichter Verkehr. (Foto: Häuserforscher)

Bereits vor dem Jahr 1800 ist das Grundstück auf einem Stadtplan zu sehen. Offenbar stand da bereits ein Haus. Wir haben versucht, mehr über die Zeit herauszufinden, aber da wir keine Namen wissen, ist das nicht möglich. Frau Lotz hat uns eine Menge über die Geschichte erzählt. Ihre Geschichte beginnt 1912, als ihre Großeltern das Haus kauften und die Gaststätte eröffneten. Die beiden hatten auch noch einen Vorgarten und Kleintiere. Hinter dem Haus befand sich außerdem eine Schmiede. Als Hubert Kranefeld im Jahr 1919 starb, wurde sie zu einer Vulkanisieranstalt umgebaut. Diese Firma gibt es heute noch, allerdings ist sie in einen anderen Stadtteil von Münster gezogen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus zu 90 Prozent zerstört, alle Wohnungen wurden komplett ausgebombt. Die Bewohner konnten rechtzeitig flüchten, ihnen ist nichts passiert. Das Haus wurde mit Hilfe der Treuhandfinanzierungsgesellschaft nach 1949 wieder aufgebaut. Damit gehörte das Haus zum sozialen Wohnungsbau. Kurz nach dem Krieg starb auch Anna Kranefeld. Ihre Schankerlaubnis war dann nicht mehr gültig. Darum mussten die beiden verbliebenen Schwestern eine neue Schankerlaubnis beantragen. Dadurch sind sie aktenkundig geworden. In einer anderen Akte des Stadtarchivs sieht man, wie stark das Haus zerstört wurde und wie die Kranefelds ihr Haus wieder aufbauen wollten. Als die Weseler Straße verbreitert wurde, mussten auch die Kranefelds einen Teil ihres Grundstücks abgeben.

Frau Lotz wurde im Jahr 1941 in dem Haus geboren und kehrte nach mehreren Stationen in anderen Städten schließlich im Jahr 1987 wieder in die Gaststätte Kranefeld zurück. Sie betreibt die Gaststätte bis heute.

Die Informationen haben wir im Stadtarchiv gefunden. Die Akten, die wir benutzt haben, hatten folgende Bezeichnungen:
— Ordnungsamt Nr. 22, Schankerlaubnis, Nr. 181
— Liegenschaftsamt Nr. 2135
— Ausgleichsamt, Gebäudeschädenkartei

Außerdem haben wir am 8. Juni 2010 ein Gespräch mit Frau Lotz geführt.

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Material

Die Texte sind Auszüge aus dem Interview, das die Häuserforscher mit der Besitzerin des Hauses, Frau Lotz, am 8. Juni 2010 führten.

Dann war da noch was mit der Verbreiterung der Weseler Straße.
Das war nach dem Krieg, genau. Hier war ja zuvor Pflaster, schweres Blaubasaltpflaster und hier entlang waren viele dicke, hohe Bäume, die sind dann auch abgeholzt worden, weil die Straße verbreitert wurde. In dem Zusammenhang mussten auch wir vier Meter unseres Grundstücks abgeben, für den Bürgersteig und die Kreuzung. Man bekam zwar eine kleine Vergütung dafür, aber viel war das nicht.

Bisher haben wir über Ihr Haus herausgefunden, dass es einen Antrag gab – auf eine Schankerlaubnis. Das war 1955.
Genau, da ist ein Antrag für eine neue Schankerlaubnis gestellt worden. Das musste damals gemacht werden, weil das Haus im Krieg zerbombt wurde und dann haben die Damen Anna und Maria Kranefeld um eine neue Schankerlaubnis ersucht. Und die haben sie ja dann auch erhalten.

Hier steht auch noch Hermann Kranefeld.
Ja, das war der erste Mann meiner Großmutter. Der ist bereits so um 1903 gestorben. Es gab allerdings noch einen Sohn, der hieß auch Hermann Kranefeld.

Hier steht noch, dass die Gaststätte seit 1912 betrieben wurde.
Anna und Maria Kranefeld haben die Gaststätte weitergeführt bis zum Bombenangriff 1943. Da wurde das Haus zerstört und Anfang 1943 sind alle evakuiert worden nach Tecklenburg, da war ich auch schon dabei, als kleines Kind. Nachher wurde das Haus wieder aufgebaut, das war 1956 und am 1.3. oder 1.4.57 ist hier die Gaststätte wieder eröffnet worden. In der Zwischenzeit hat meine Großmutter das Haus wieder aufgebaut. Da gab es dann den „Lastenausgleich“, so hieß das früher, und damit konnte man ein Haus wieder aufbauen. Das war sozialer Wohnungsbau. Alle Leute, die hier einzogen, mussten nur wenig Miete bezahlen, die mussten einen Wohnberechtigungsschein vorweisen und dann ging das.

Wissen Sie noch etwas über die früheren Bewohner des Hauses?
Ja, da weiß ich noch was. Ich weiß zum Beispiel, dass hier auch noch eine jüdische Familie gewohnt hat, die hieß Feinstein. Die sind damals, als die Juden verfolgt wurden, abgeholt worden und sind nie wieder aufgetaucht. Das hat meine Mutter immer erzählt. Hier haben auch immer viele Familienmitglieder gewohnt. Mein ältester Onkel, der war ja bereits 1897 oder so geboren. Der hat auch mit seiner Tochter und seiner Frau hier gewohnt. Es gab aber auch immer viele andere Leute, die hier gewohnt haben.

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