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Stadtarchiv / Stadt Münster
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Almosenstiftungen

• Organisation
• Leistungen
• Dom-Elemosine
• Almosenkorb Überwasser
• Speckpfründe und Armenkleidung
• Schularme Martini

Der Dom, Sitz der Almosenstiftung der Domherren [Bildnachweis]
Eine Almosenstiftung der Domherren entstand um 1400 als Stiftung des Domherrn Lubbert von Rodenberg. Sie wuchs durch Zustiftungen seit 1440 zur "Dom-Elemosine", einer großen und leistungsfähigen Einrichtung der offenen Armenfürsorge heran.
Die Vergabe von Almosen an Bedürftige war Christenpflicht, die in dem neutestamentlichen Wort "Wer dich bittet, dem gib", ihren Ausdruck fand. Die Almosenspende hatte keine langfristige Verbesserung der Lebensumstände der Bedürftigen zum Ziel. Es war nur eine Hilfe im Augenblick der Not. Die hohe Bedeutung, die das Almosengeben für die Glaubensbezeugung hatte, zeigt der beliebte Zeitpunkt der Spende nach dem Gottesdienst und an Festtagen. Der religiöse Zusammenhang war wichtiger als das materielle Bedürfnis der Almosenempfänger.
In der mittelalterlichen Gesellschaft wollten die Wohlhabenden durch Almosen das eigene Seelenheil sichern. Deswegen waren sie zur notwendigen Ergänzung der karitativen Arbeit der Klöster bereit. Reiche überließen ihre Gaben und Stiftungen den Pfarrkirchen zur Verwaltung und Verteilung. Die nach 1200 gebildeten Sammelstiftungen waren dem Heiligen Geist als dem Schutzpatron der Armen geweiht. Deshalb hießen diese aus Stiftungen entstandenen Einrichtungen der offenen Armenfürsore an den Pfarrkirchen zunächst "Almosen des Heiligen Geistes". Später setzte sich der Begriff "Almosenkorb" durch.


Organisation

Ein Kopiar mit Urkundenabschriften der Speckpfründe Lamberti [Bildnachweis]
Einrichtungen der offenen Armenfürsorge waren seit 1200 die "Almosenkörbe" der Pfarrkirchen. Jedes der sechs Kirchspiele in Münster (Aegidii, Lamberti, Ludgeri, Martini, Servatii, Überwasser) verfügte über eine solche Sammelstiftung zur Versorgung der Armen, der sich aus zwei Quellen finanzierte. Zum einen wurde ein Viertel des Zehnts, der mittelalterlichen Kirchensteuer, für die Bedürftigenfürsorge zur Verfügung gestellt. Zum anderen speiste er sich aus zahlreichen großen und kleinen Stiftungen reicher Bürgerinnen und Bürger, die Teile ihres Vermögens zu Lebzeiten oder testamentarisch für die Armen spendeten, um dadurch ihr Seelenheil zu sichern.
Das Vermögen der Pfarrgemeinden wurde nicht von Geistlichen, sondern von Bürgern ("Provisoren") verwaltet. Neben den Kirchenprovisoren, die über das Vermögen für die Bauerhaltung der Kirchen wachten, und den Wegemeistern, deren Aufgabe die Befestigung der vor den Stadttoren gelegenen Straßen war, gab es zwei Almosenprovisoren. Sie wurden von Wahlmännern der Gemeinde gewählt und verwalteten den Almosenkorb. Die Almosenprovisoren der Kirchspiele hatten Helfer, die sie bei der Armenversorgung unterstützten. Häufig waren dies die Kapläne, Küster und Totengräber des jeweiligen Kirchspiels, im Fall der Lambertikirche auch die beiden Turmhüter.
Vor 1700 wurden die privaten Armenstiftungen in Münster, die nicht an einen bestimmten Verwendungszweck gebunden waren, zum "Allgemeinen Armenfonds" zusammengefasst. Diese Einrichtung gewann an Bedeutung, als 1806 die Almosenkörbe dem seitdem sogenannten "Generalarmenfonds" zugeschlagen wurden. Unter dem Namen "Stiftung Generalarmenfonds" existiert diese Armenstiftung noch heute.


Leistungen

Ein "lübischer Doppelschilling", wie ihn Arme erhielten, 1520 [Bildnachweis]
Vermutlich waren die Almosenkörbe zunächst Sammelfonds zur Finanzierung der sogenannten "gemeinen Spenden". Hierbei handelte es sich um die Vergabe von kleinen Weizenbroten an eine unbegrenzte Zahl von Armen der Pfarrgemeinde oder der Stadt zu einem jährlich wiederkehrenden Termin, meist an bestimmten kirchlichen Feiertagen. Auch reiche Bürger stifteten Mittel für gemeine Spenden, die mit dem Auftrag an die Armen verbunden waren, für den Stifter und sein Seelenheil zu beten - für damaliges Denken ein für beide Seiten profitables Abkommen.
Einen geringeren Stellenwert nahm in der offenen Armenfürsorge die Kleiderspende ein. Sie scheint primär Aufgabe der privaten Armenfürsorge gewesen zu sein. Eine Ausnahme stellen die Armenkleidung Lamberti sowie die Dom-Elemosine dar, die jährlich Tuchspenden ausgaben.
Eine weitere Form der offenen Armenunterstützung war die Einzelhilfe, über die die Verwalter der Almosenkörbe, die Provisoren, akribisch Buch führten oder führen ließen. Die unterstützten Personen erhielten oft über mehrere Jahre unregelmäßige Zuwendungen, meist Geld, oft aber auch Sachspenden wie Kleidung, Nahrung oder Brennholz. Finanzielle Zuwendungen gab es als Miet-, Arzt- und Reisekostenbeihilfen sowie als Zuschüsse für junge Menschen zur Aussteuer, zum Klostereintritt, zum Schulgeld oder als Unterstützung, um ein handwerkliche Lehre beginnen zu können. Auch für den Eintritt in ein Armenhaus waren finanzielle Mittel nötig, die oft von den Almosenkörben mit aufgebracht wurden. Und damit niemand aus Armut ohne geistlichen Beistand sterben musste, übernahmen die Almosenkörbe in vielen Fällen die Kosten für die Sterbesakramente und schließlich auch die Kosten für den Sarg.


Dom-Elemosine

Rechnungsbuch der Dom-Elemosine, 1556, Titelblatt [Bildnachweis]
Um 1400 gründete Domherr Lubbert von Rodenberg eine religiöse und soziale Stiftung am Dom, die im Laufe des 15. Jahrhunderts durch Zustiftungen ausgeweitet wurde. Seit dem 16. Jahrhundert wurde sie als Dom-Elemosine (Dom-Almosen) zu einem wesentlichen Faktor der offenen Armenfürsorge in Münster.
Sie setzte sich zusammen aus verschiedenen Einzelstiftungen der Domherren und Domvikare, die die Stiftungszwecke zum Teil exakt bestimmten. Dies geschah nicht immer ganz uneigennützig: Neben einem eigens errichteten liturgischen Gebetsgedenken sicherten sich die Stifter durch die von ihnen bestimmten Zuwendungen eine Vielzahl von Gebeten für ihr Seelenheil.
Im Gegensatz zu den Almosenkörben der Pfarrgemeinden gab es in der Dom-Elemosine keine Provisoren, sondern einen Elemosinar, der die Rechnungen im Auftrag des Domkapitels führte.
Die Domelemosine wirkte auf drei verschiedenen Ebenen. Innerhalb des Dombezirks unterstützte sie die Schüler der Domschule mit regelmäßigen Brotspenden. Die Bedürftigen der Stadt erhielten die bei weitem umfangreichsten Zuwendungen wie Brot-, Tuch- und Geldspenden. Über die Stadtgrenzen hinaus gewährte sie Klöstern des Bistums und anderen Auswärtigen Unterstützung.


Almosenkorb Überwasser

Die Pfarrkirche St. Marien Überwasser um 1930 [Bildnachweis]
Aus dem Jahr 1382 stammt die älteste bekannte Nennung der "Almissen des heiligen Geistes in Unserer Frauen Kirche Überwasser". Der Almosenkorb finanzierte seine Gaben an die Bedürftigen aus stetig wachsenden Einkünften, was die seit 1539 überlieferten Jahresrechnungen verdeutlichen. Die regelmäßigen Einnahmen bestanden überwiegend aus Haus- und Grundrenten, zu einem geringen Teil auch aus Pachtzinsen.
Im 16. Jahrhundert etablierten sich zwei neuartige Unterstützungsleistungen des Almosenkorbs. 1550 begann man - wie um diese Zeit in den anderen Kirchspielen auch - mit einer jährlich viermaligen Brotspende für die Bettelberechtigten des Kirchspiels an den vier Fastendonnerstagen zu Beginn der vier Jahreszeiten (März, Juni, September, Dezember), 1575 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Unterstützung einer Gruppe von fünf Bedürftigen, die jeden Samstag je einen Schilling erhielten. Diese wöchentliche Gabe scheint aus den allgemeinen Einnahmen, nicht aus einer speziellen Stiftung finanziert worden zu sein.


Speckpfründe und Armenkleidung

Die Lambertikirche 1636 [Bildnachweis]
Das Gründungsdatum der Speckpfründe Lamberti, die sich aus dem Almosenkorb Lamberti entwickelte, ist nicht bekannt. Die Existenz eines regelmäßigen Almosens in der Lambertikirche ist für das Jahr 1289 bezeugt, während die erste urkundliche Erwähnung der "Speckpfründe" als Teil der "Almosen des Heiligen Geistes" aus dem Jahr 1476 stammt. Der Name der Speckpfründe rührt von der sonntäglichen Ausgabe von Speck an eine größere Gruppe berechtigter Armer her.
In der Lambertikirche wurde im Anschluss an den sonntäglichen Gottesdienst einer bestimmten Anzahl eingeschriebener Personen (den Pfründnerinnen und Pfründnern) je ein halbes Pfund Speck gegeben, in der Fastenzeit pro Person ein Hering. Alternativ erhielten die Armen anfangs je 3, später bis zu 6 Pfennige "Speckgeld". Zusätzlich bekamen sie je einen "Wecken", ein kleines Weißbrot. Ab 1566 begann man, die Naturalleistung durch eine Geldleistung abzulösen. Es wurde zunächst kein Speck und bald auch kein Fisch mehr ausgegeben, sondern nur noch Speckgeld. Bis zu 130 registrierter Personen kamen um 1550 in den Genuss dieser wöchentlichen Zuwendung, unter ihnen auch viele Bewohnerinnen und Bewohner von Armenhäusern.
Neben der Speckpfründe gab es mit der "Armenkleidung" eine zweite Institution der offenen Armenfürsorge an der Lambertikirche, die wie die Speckpfründe dem Heiligen Geist geweiht war. Aus ihren Einkünften wurde Wolltuch gekauft und jährlich vor Winterbeginn an die städtischen Bedürftigen verteilt. Jeder bekam ein kleines Stück von der Größe einer halben bis zu einer Elle. Die älteste Erwähnung einer Kleiderspende an der Lambertikirche stammt aus dem Jahr 1332, während der Begriff der "armen kleidinge" erstmals 1381 erscheint. Ab 1554 wurden Armenkleidung und Speckpfründe von Ratsprovisoren in Personalunion verwaltet.
Eine Sonderstellung nahmen Speckpfründe und Armenkleidung Lamberti innerhalb der Kirchspiele der Stadt durch ihre Verwaltungsform ein. Die Almosenprovisoren der Lambertikirche waren gleichzeitig Ratsherren, so dass die Verwaltung und Aufsicht über die Speckpfründe nicht Sache der Pfarrgemeinde war, sondern dem Rat oblag. Den Provisoren unterstand ein Amtmann, der die tägliche Verwaltungsarbeit verrichtete.


Schularme Martini

Die Martinikirche um 1930 [Bildnachweis]
Der Almosenkorb Martini, ursprünglich ein gewöhnlicher Almosenkorb der Pfarrgemeinde, geriet durch eine private Stiftung in die Verantwortlichkeit des Rates. Bernd tor Stege unterstellte in seinem Testament von 1573 seine Stiftung einer 14tägigen Brotspende für 22 Arme des Kirchspiels Martini zwar der Verwaltung des Almosenkorbs, jedoch gleichzeitig der Aufsicht des Rates. Diese Stiftung entwickelte sich durch verschiedene Zustiftungen zu der bald etablierten Einrichtung "Schularme Martini". Dieser Name leitete sich von der Martinischule als Ort der sonntäglichen Vergabe von Zuwendungen an die berechtigten Bedürftigen her. Die Martinischule lag vor der Kirche an der Neubrückenstraße.
Der ursprüngliche Almosenkorb Martini wird ab 1679 namentlich nicht mehr erwähnt. Er scheint in der Stiftung "Schularme Martini" aufgegangen zu sein. Die Verwaltung des dem Kirchspiel Martini unterstellten, von Wilhelm "de Busche" gestifteten Armenhauses Zumbusch dürfte in Folge der Bestimmungen des Bernd tor Stege ebenfalls an den Rat gefallen sein.


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