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Stadtarchiv / Stadt Münster
Armut Vom Stiften Offene Armenfürsorge Leben in Armenhäusern Orte der Wohltätigkeit
Individuelle Initiativen

• Bischöfe
• Domherren und andere Geistliche
• Bürger
• Witwen
• Ehepaare

Eine Armenhausgründung dank "fromer lude", 1529 [Bildnachweis]
Dank "fromer lude" (frommer Leute) kam es 1529 zur Gründung der Lamberti-Elende, eines der Häuser für arme Pestkranke. Soziale Stiftungen waren im Verlauf der Stadtgeschichte in den meisten Fällen Initiativen von Einzelpersonen oder Ehepaaren. Es hat allerdings auch Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen gegeben. Die größte Sammelstiftung war die Dom-Elemosine, die Almosenstiftung der Domherren, in die immer neue Stiftungen aus demselben Personenkreis aufgenommen wurden. Echte Gemeinschaftsstiftungen waren diejenigen Institutionen, die von der Bürgerschaft eines Kirchspiels gemeinschaftlich finanziert, gegründet und getragen wurden, zum Beispiel:

  • Die Almosenkörbe der Pfarrkirchen Lamberti, Überwasser, Martini, Aegidii, Ludgeri und Servatii (13. Jahrhundert)
  • Das Armenhaus zur Wieck auf dem Honekamp (1346)
  • Die Elende (Pestkrankenhaus) Überwasser (1519)
  • Die Elende Lamberti (1529)
  • Das Armenhaus Ludgeri-Kirchspielsgademe (1575).
Doch auch die Gemeinschaftsstiftungen verdankten sich dem Engagement Einzelner. Im Kirchspiel Lamberti war es Borchard Heerde der Ältere, der mit Unterstützung des Ratsherrn Wilhelm Holtappel die Gründung der Elende betrieb. Die wiedergegebene Textpassage aus der Gründungsurkunde nimmt darauf Bezug.
Individuelle Stiftungsinitiativen hatten bei den Bischöfen begonnen. Geistliche sowie Bürgerinnen und Bürger und unter diesen insbesondere auch Witwen und Ehepaare folgten dem Beispiel.


Bischöfe

Siegel des Bischofs Werner (1132-1151) [Bildnachweis]
Bevor das Bürgertum der Städte entstand, waren allein Fürsten, Bischöfe und Adelige wohlhabend genug, um Stiftungen zu errichten. Sie stifteten Klöster und Kirchen für ihr Seelenheil, aber sie stifteten auch für die Armen, die sich an ihrem Totengedächtnis, der "memoria", beteiligen sollten.
Die älteste in Münster bekannte Armenstiftung ist eine Memorienstiftung des Bischofs Werner (1132-1151) aus dem Jahr 1137. An acht Arme, die sich der Prozession auf dem Domhof anschließen sollten, die andere Arme dort an den Tagen der Fastenzeit zum Lobe Gottes durchführten, hatte der Domkustos jeden Tag der Fastenzeit (Aschermittwoch bis Ostern) je ein Brot auszugeben. Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die Armengemeinschaft der Zwölfmänner an der Fastenprozession auf dem Domplatz beteiligt.
Möglicherweise sind hier - 1137 - zum ersten Mal die armen Männer genannt, die nach einer Urkunde von 1217 als "spentbrothere" (Spendebrüder) offenbar regelmäßige Zuwendungen aus den Einkünften des Bischofs und des Domkapitels erhielten und die seit dem 14. Jahrhundert in den Zwölfmännerhäusern in Überwasser und in Ludgeri zusammenwohnten.
In späteren Jahrhunderten waren unter den Bischöfen bedeutende Stifter. Hervorzuheben ist Bischof Clemens August von Bayern, der das Clemenshospital begründete, das 1754 eröffnet werden konnte.

Domherren und andere Geistliche

Rotger Dobbe (gest. 1531), Stifter zugunsten des Domalmosens [Bildnachweis]
In Münster gab es zu allen Zeiten viele Geistliche. In verschiedenen Klöstern lebten geistliche Frauen aus dem Volk, aus der städtischen Oberschicht und aus dem münsterländischen Adel. Bürgersöhne schlossen sich den Franziskaner-Minoriten im Kloster an der Neubrückenstraße an. Angehörige der städtischen Oberschicht wurden Mitglieder der Kapitel (Priestergemeinschaften) an der Martini-, Mauritz- oder Ludgerikirche. Aus dem Adel kamen die Mitglieder des Domkapitels, die Domherren. Daneben gab es die Geistlichen der Pfarrkirchen, die Pastoren, Kapläne, Vikare und Messpriester.
Einige der im Laufe der Zeit entstandenen Stiftungen waren von Geistlichen ins Leben gerufen worden. Zahlreiche Stiftungen der Domherren, bald weit über hundert, wurden seit dem 15. Jahrhundert in der Dom-Elemosine, der Almosenstiftung des Domkapitels zusammengefasst. Der hier im Porträt dargestellte Domscholaster Rotger Dobbe (gest. 28.1.1531) hinterließ der Dom-Elemosine jährliche Renten in Höhe von 21 Goldgulden, ein Ertrag aus einem Kapital von vermutlich 420 Goldgulden, was dem Wert eines größeren Wohnhauses entsprach.
Unter den Armenhäusern waren Stiftungen von Geistlichen:
  • Das Zwölfmännerhaus Überwasser (Bischof und Domkapitel, 1314)
  • Das Zwölfmännerhaus Ludgeri (Domkapitel, 1324)
  • Das Armenhaus bei St. Johannis (Bernhard von Schedelich, Komtur der Johanniter, 1470)
  • Das Armenhaus der Aegidii-Propstei (Wessel Husman, Propst von St. Aegidii, 1587)
  • Das Armenhaus Wibbeke (Arnd Wibbeke, Domvikar, 1615)
Auch unter den Stiftern, die außerhalb der Dom-Elemosine größere Kapitalsummen für die Armen hinterließen, waren Geistliche:
  • Bernhard Bleiken, Vikar an St. Servatii, 1592
  • Henrich Plönies, Dechant am Alten Dom, 1634
  • Johann Georg Rave, Kanoniker am Alten Dom, 1737
  • Georg Hermann Gescher, Kanoniker an St. Martini, 1740
  • Johann Henrich Kuhefues, Dechant an St. Ludgeri, 1748



Bürger

Bürgermeister Henrich Frie-Vendt, 1621 [Bildnachweis]
Bürger konnte man in früheren Jahrhunderten in Münster sein, wenn man einer Bürgerfamilie entstammte oder - als Zugezogener - drei Goldgulden Bürgergeld zahlte. Nach Ableistung des Bürgereides hatte man politische Rechte und Gemeinschaftspflichten. Neben den Bürgern gab es die "Einwohner" (Unselbständige, Adel, Geistlichkeit) und die nach Gastrecht sich in der Stadt aufhaltenden Fremden. Zu allen Zeiten gehörten die meisten Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt und die meisten Stifterinnen und Stifter dem Bürgertum an. Die Reihe der Stifterpersönlichkeiten reicht von den Bürgermeistern bis zu Angehörigen der Mittelschicht wie dem Scherenschleifer Ferdinand Zumbrock, der 1590/93 sein Haus als Armenhaus für drei alte Männer zur Verfügung stellte.
Der hier in einem Porträt von 1621 abgebildete Dr. Henrich Frie-Vendt (gest. 1635) war Ratsherr seit 1614 und Bürgermeister von 1628 bis 1634. Er verbesserte die Stiftung seiner Schwiegereltern Dr. Henrich Vendt und Clara Wedemhove.
Bürgerliche Stifter waren auch die fürstbischöflichen Beamten des 18. Jahrhunderts. Der Hofkammerrat Dr. jur. Friedrich Christian Siverdes hat 1768 eine der wohlhabendsten städtischen Stiftungen begründet, die noch heute zahlreiche soziale Förderaktivitäten entfaltet.


Witwen

Anne van Langen, Witwe, Stifterin des Armenhauses Bischoping [Bildnachweis]
Die Stifterin Anne van Langen, Witwe, wird im Jahr 1573 in der von ihrem Sohn Evert Bischoping sowie Bürgermeistern und Rat der Stadt Münster ausgestellten Gründungsurkunde des Armenhauses Bischoping genannt. Die Witwen, die in Münster eine Stiftung begründeten, waren Ehefrauen verstorbener Bürger. Ihre Stiftungen werden zum Teil aus gemeinsamen Entscheidungen von Ehefrau und Ehemann hervorgegangen sein, doch das ist nur selten mit Sicherheit festzustellen.
Von Witwen wurden gestiftet:
  • Das Armenhaus zur Westen (Meinburgis de Wessede, 1302)
  • Das Armenhaus der Speckpfründe Ludgeri (Anna Swenthovel, vor 1532)
  • Das Armenhaus Prussen (Else Everdings, Wwe. Johan Prussen, vor 1532)
  • Das Armenhaus Bischoping (Anne van Langen, Wwe. Evert Bischoping, 1573)
  • Das Armenhaus Kohaus (Elsa Winterkamps, Wwe. Johan Kohaus, 1601)
Auch einige bedeutende Kapitalstiftungen wurden von Witwen begründet:
  • Stiftung Zurlinden (Margaretha tor Lynden, Wwe. Johan tor Lynden, 1540)
  • Stiftung Schade (Gertrud Schade, Wwe. Herman Fridag, 1553)
  • Stiftung Belholt (Gisele van Reyne, Wwe. Arnd Belholt, 1558)
Die Stiftungen der Witwen wurden zum Teil nach dem verstorbenen Ehemann benannt (Armenhaus Prussen, Armenhaus Bischoping, Stiftung Belholt). Dadurch ging die Erinnerung an die Stifterinnen fast verloren. Das Armenhaus Bischoping wurde anfänglich "der Byspingesschen armelude hueß" (weibliche Namensform) genannt. Da der Sohn der Stifterin die Gründungsurkunde mit ausgestellt und besiegelt hatte und das Haus zusammen mit einem Ratsherrn verwaltete, hieß es bald "Byspinges hueß" (männliche Namensform).


Ehepaare

Altenheim Cohaus-Vendt-Stiftung, Breite Gasse [Bildnachweis]
Das heutige Altenheim Cohaus-Vendt-Stiftung in der Breiten Gasse hat seinen Ursprung in einer Armenhausstiftung des Ehepaares Dr. Henrich Vendt und Clara Wedemhove von 1588. In vielen Fällen haben Ehepaare gemeinsam gestiftet. Beispiele für Hausstiftungen von Ehepaaren sind:
  • Das Armenhaus Vendt (Dr. Henrich Vendt und Clara Wedemhove, 1588).
  • Das Waisenhaus (Johann Verendorp und Margareta Plate, 1592).
  • Das Armenhaus Warendorf (Boldewin Warendorp und Godele Travelmann, 1600).
Auch das Armenhaus Grotegese (1587) war als gemeinsame Stiftung der Eheleute geplant, jedoch starb die Frau zu früh, so dass der Witwer, Johann Grotegese, die Stiftung allein realisierte. Ein Beispiel für eine Kapitalstiftung eines Ehepaares aus weniger weit zurückliegenden Zeiten ist die Stiftung von Bürgermeister Karl Windthorst und seiner Ehefrau Josefa von 1897. In der heute noch bestehenden Cohaus-Vendt-Stiftung, die ein Seniorenheim auf dem Grundstück des ehemaligen Armenhauses Vendt betreibt, lebt die Stiftung der Eheleute Henrich Vendt und Clara Wedemhove fort.



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