Die politische Führungsschicht Münsters


Stadtverfassung

Erbmänner

Rottendorff


  

Heinrich Herding, 1650 (Bildnachweis)
  
"Die Häupter des Raths und der ganzen Bürgerschaft sind zwei Bürgermeister, welche in Ansehung ihrer Sorgfalt, Treue, Wachsamkeit, Klugheit, Authorität und langen Erfahrung vor allen übrigen den Vorzug haben."
(Hermanni a Kerssenbroch Anabaptistici furoris Monasterium inclitam Westphaliae metopolim evertentis historica narratio. Übers.: Geschichte der Wiedertäufer zu Münster in Westfalen. Übers. und hg. von S. P. Widmann. Münster 31929, S. 93.)

Während des Friedenskongresses bekleideten Heinrich Herding und Johann Timmerscheidt die Ämter der Bürgermeister und standen somit an der Spitze des Rates. Ihnen kam die Aufgabe zu, das Geschehen in der Stadt zu koordinieren. So mußten sie nicht nur für die Sicherheit der Gesandten sorgen, sondern auch eine geregelte Lebensmittelversorgung gewährleisten. Warum amtierten zwei Bürgermeister zur gleichen Zeit? Das lag an dem Prinzip der Kollegialität, das vorsah, daß die Ämter der zwölf Verwaltungsressorts immer an jeweils zwei Ratsherren vergeben wurden, um ein hohes Maß an Kontrolle zu erreichen. Neben dem Amt des Bürgermeisters gab es z. B. das Amt der Kämmerer, die für den Haushalt und die Finanzen der Stadt zuständig waren oder das Amt der Richtherren, die Beisitzer am Stadtgericht waren und die Rechtsfälle im Auftrag des Rates zu untersuchen hatten. Die Wahlen zum Stadtrat, zu denen alle Bürger aufgerufen waren, fanden jährlich statt, und zwar am Dienstag nach dem 17. Januar, dem Antoniustag.

Johann Timmerscheidt, 1649 (Bildnachweis)

  
Zu den Aufgaben des Rates zählten die Gesetzgebung, die Gerichtsbarkeit und die Verwaltung der Stadt. Der Rat wurde unterstützt durch einige festangestellte Beamte wie z. B. den Stadtsyndikus, eine Art Rechtsberater, oder den Sekretär, der die Kanzlei leitete. Hinzu kamen die seit 1606 ständig unterhaltenen Stadtsoldaten. Bis zum 15. Jahrhundert besaß das Stadtpatriziat, in Münster Erbmänner genannt, besonderen Einfluß im Rat; es verlor ihn im 16. Jahrhundert an eine neue, aus reichen und politisch aktiven Familien der Handwerker und Kaufleute gebildete Schicht, die sogenannten Honoratioren. Parallel dazu entstand als besondere Funktionselite das gelehrte Beamtentum, zumeist akademisch gebildete Juristen. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts prägte sich außerdem ein gewisser Gegensatz zwischen dem von den Honoratioren dominierten Rat und den in der Gesamtgilde zusammengeschlossenen Gilden aus.

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