Münster (SMS) Sieben Stunden, die Münster verändert haben. "Der 28. Juli 2014 ist in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingegangen", sagt Oberbürgermeister Markus Lewe. "Die Regenflut hat ein existenzielles Gefühl für die Verletzlichkeit unseres Lebensraums geschaffen." Die Folgen des Unwetters sind noch längst nicht bewältigt. Ein Jahr nach dem katastrophalen Starkregen läuft das Programm zur Schadensbeseitigung und zum vorbeugenden Hochwasserschutz unverändert auf Hochtouren.
Den größten Schaden mussten Tausende Familien schultern, denen die Flut Wohnungen, Häuser, Hab und Gut zerstört hat. Für die Stadt addieren sich die Zusatzausgaben bislang auf rund 15 Millionen Euro. Bis Ende 2015 und für die kommenden Jahre rechnet sie mit insgesamt weiteren 7,5 Millionen Euro. Davon entfallen allein 6,7 Millionen auf die Sanierung und Wiederherstellung von Bürgerhaus und Hallenbad im Stadtteil Kinderhaus. Dazu viele kleinere und mittlere Schäden an über hundert städtischen Gebäuden, darunter 56 Schulen. Allein zu deren Behebung vergab die Stadt in den zurückliegenden zwölf Monaten mehr als 800 Aufträge an Handwerker, sie belaufen sich auf insgesamt 3,5 Millionen Euro.
Dass es in Münster überhaupt zu großflächigen Überschwemmungen kommen kann, konnten sich viele nicht vorstellen. Bis zum Tag, als der Regen kam. 292 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in sieben Stunden, davon 220 Liter in eineinhalb Stunden, das ist deutschlandweit Rekord. 40 Millionen Kubikmeter Wasser schüttete es auf die Stadt. Das sind 26 Mal mehr als die 1,5 Millionen Kubikmeter, die von Kanälen und Wasserläufen aufgenommen werden können.
Das Hochwasser löste den größten Einsatz von Feuerwehren und Hilfsorganisationen in Münster seit Ende des Zweiten Weltkriegs aus. Tausende Männer und Frauen aus ganz NRW waren beteiligt. Das gleiche Bild bei der Abfallabfuhr. Von Hamm bis Wuppertal kamen Städte den Abfallwirtschaftsbetrieben beim Abtransport des durchnässten Sperrguts zu Hilfe. Über tausend Lkw-Ladungen Hausrat wurden in den drei Wochen nach dem 28. Juli entsorgt - mit 10 000 Tonnen annähernd doppelt so viel wie sonst im ganzen Jahr.
"Kein Kanalnetz kann so dimensioniert werden, dass es solche Sturzfluten schluckt", so der Oberbürgermeister. "Wir können nur Engpässe und Schwachstellen im vorhandenen Netz beseitigen und in der Stadtplanung mehr freie Flächen für Hochwasser-Überflutungen schaffen." Schon das ist ambitioniert. In den nächsten Jahren baut die Stadt eine Reihe neuer Durchlässe unter Straßen und erhöht einen Radweg, damit er die Funktion eines Deiches wahrnehmen kann. Hunderte Grundstückseigentümer wurden vor Ort beraten, wie sie ihr Haus gegen Rückstau und Überflutung sichern können. Stellenweise ist das Hochwasser sogar durch Abluftleitungen in öffentliche Pumpwerke eingedrungen und hat Abwasserpumpen lahmgelegt; auch solche Mängel wurden beseitigt.
Was ist im Rückblick die eindrücklichste Erfahrung aus den Tagen nach der Katastrophe? Markus Lewe muss nicht überlegen. "Die schier grenzenlose Bereitschaft und Entschlossenheit zu helfen. Gegen Mitternacht war das Unwetter zu Ende. Vor Morgengrauen hatten Bürgerinnen und Bürger in den Sozialen Medien die erste Hilfsgruppe organisiert, die binnen 24 Stunden auf 3000 Mitglieder anwuchs." Tausende Spontanhelfer fragten nicht lange und sprangen mit Fantasie, Muskelkraft und Organisationstalent ein. Sie sammelten und vermittelten Hilfsdienste, Möbel und Elektrogeräte.
Ebenfalls Tausende Geldspenden summierten sich auf 850 000 Euro. Der Spendenpool ermöglichte einen Neustart für 160 Familien und Kleinstunternehmen, die keine Ansprüche gegenüber gängigen Sicherungssystemen geltend machen konnten. Die Stadtverwaltung selbst händigte in den Tagen nach dem Unglück 5500 bedürftigen Haushalten Soforthilfe-Schecks über fast 5 Millionen Euro aus. Städtische Beschäftigte, oft genug selbst vom Hochwasser betroffen, arbeiteten wochenlang an der Grenze der Belastbarkeit. "Die Katastrophe hat ungeahnte Reserven mobilisiert", sagt Lewe. "Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass die Stadt ein Gemeinwesen ist, für das die Bürgerschaft einsteht, hier ist er."
Fotos:
Land unter: Der "Pier" von Jorge Pardo ist im Aasee untergegangen, nur die Aussichtsplattform am Ende des Stegs erinnert an die Skulptur. Foto: Stadt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
Das große Aufräumen (2 Motive): Wer konnte, packte beim Abtransport des durchnässten Hausrats mit an. - Foto: Stadt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
Danke! Helferfest auf dem Prinzipalmarkt. - Foto: Presseamt Stadt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
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Pressemitteilungen
20.07.2015
Der Tag, als der Regen kam
Vor einem Jahr versank Münster im Hochwasser / "Viele konnten sich nicht vorstellen, dass es hier überhaupt zu Überschwemmungen kommen kann"
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