Münster (SMS) Der Wandel auf dem Arbeitsmarkt ist riesig, und manchmal muss man gleich mehrere dicke Bretter bohren. Unter dem Titel "Arbeit 4.0: Sind Geflüchtete eine Chance? Eine Chance für Geflüchtete" tagten im Rathaus bei der zweiten großen Arbeitsmarktkonferenz Münster die Kammern, Verbände, Gewerkschaften, freie Träger, Politik und Verwaltung. Das städtische Jobcenter Münster hatte die Veranstaltung im Rathausfestsaal auf die Beine gestellt.
"Arbeit 4.0" beschreibt die Folgen zunehmender Globalisierung und Digitalisierung - die selbst Experten oft gar nicht seriös abzuschätzen wissen. Und die Integration der in Münster aktuell rund 930 Menschen, die hierher geflüchtet sind und vom Jobcenter Arbeitslosengeld 2 beziehen, verlangt Ideenreichtum und flexible Lösungen.
Flexibel bewegen müssen sich alle Akteure, darin waren sich die Teilnehmer der Konferenz einig: die Kammern und Verbände mit verstärkter Kooperation und bei der Unterstützung der Arbeitgeber; die Geflüchteten, wenn sie sich auf zusätzliche Aus- und Weiterbildungen einlassen. Betriebliche Mentoren- und Patenprogramme können die Betriebe stärken und dabei helfen, dort schon Beschäftigte bei der Veränderung mitzunehmen. Wenn Möglichkeiten geschaffen werden, die jeweils anderen kennenzulernen, wächst die interkulturelle Kompetenz.
Vier junge Männer aus Syrien und dem Iran, die ihre Situation - jeweils in Begleitung ihrer Arbeitgeber bzw. Ausbilder - vorstellten, zeigten ganz deutlich: Die oft jungen Geflüchteten sind motiviert bis in die Haarspitzen und wollen eine gute Arbeit finden. Einfach ist das ohne oder mit nur geringen Deutschkenntnissen und mit nicht vergleichbaren Abschlüssen aber nicht.
Faraz Yousefi zum Beispiel fand im Januar Arbeit im Ingenieurbau bei Katrin und Christian Schütt, weil er fachlich qualifiziert ist. Trotzdem muss er jetzt nachlegen. Das Jobcenter fördert ihn berufsbegleitend mit einem speziellen Deutschkurs. Bargas Muhamad hat sich nachträglich zum Schweißer qualifizieren lassen und ist nun bei der Firma Schwering Maschinenbau in Telgte tätig. Khaled Hussein hat soeben eine Ausbildung im Einzelhandel begonnen. Seinem Arbeitgeber Khaled Jaber von "Family Markt" in Münster ist es wichtig, dass er deutsche Werte wie Pünktlichkeit verstehen und akzeptieren lernt. Und Haitam Aldarris, der noch nicht als Flüchtling anerkannt ist, aber hier in seinem studierten Beruf erfolgreich sein möchte, macht nun erst einmal einen Sprachkurs.
Bis die Integration in Arbeit gelingt, braucht es fast immer den einen oder anderen Umweg, eine Zusatzqualifizierung oder kulturell ausgerichtete Integrationskurse. Glück hat, wer einen guten Arbeitgeber als Unterstützer findet.
"Wir müssen Ressourcen in dieses Thema stecken", unterstreicht Jobcenter-Leiter Ralf Bierstedt. "Wir brauchen einen langen Atem, aber es wird sich langfristig für uns lohnen." Seit die Zahl der überwiegend aus Syrien stammenden Flüchtlinge Anfang 2015 steil anstieg, hat sich das Jobcenter mit vielen kreativen Ansätzen auf die veränderten Anforderungen eingestellt. Was bisweilen aus dem Blick gerät: Die Menschen mit Fluchthintergrund machen auch jetzt nur etwa fünf Prozent der Jobcenter-Kunden aus.
Bierstedt würdigte den Austausch und die Diskussionen bei der Arbeitsmarktkonferenz: "Wir haben hier nochmals interessante Anregungen bekommen. Die werden wir aufgreifen."
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Pressemitteilungen
22.09.2016