Münster (SMS) Noch heute prägen Fotos von im Gleichschritt marschierenden Jungen und korrekt frisierten Mädchen des Bundes Deutscher Mädel (BDM), die dem „Führer“ zujubeln, die Wahrnehmung der Hitlerjugend (HJ). Das Stadtmuseum Münster zeigt eine Wanderausstellung des NS-Dokumentationszentrums Köln über die Entwicklung der HJ. So sind es vor allem die bekannten Propagandafotos, die bis heute nachwirken und das Bild einer einheitlichen nationalsozialistischen Jugend vermitteln.
Die Ausstellung hinterfragt dieses Propagandabild einer einheitlichen Jugend im Gleichschritt. Entsprach das beworbene Ideal der Realität? Welchen Anspruch gab es an die HJ und wie sollte er erreicht werden? Wer unterstützte die Organisation und wer stellte sich ihr entgegen?
„Wir halten uns heute für frei und selbstbestimmt, nachdem wir inzwischen seit Jahrzehnten in einer Demokratie leben. Dennoch wird unser Bild von der Hitlerjugend bis heute durch das Bild geprägt, das die NS-Propaganda erzeugte. Entsprechend aufmerksam müssen wir totalitäre Tendenzen wahrnehmen und uns ihnen entgegenstellen“, fasst Stadträtin Cornelia Wilkens ihre Eindrücke nach einem Rundgang durch die Ausstellung zusammen.
„Jugend im Gleichschritt!?“ zeigt an zahlreichen Beispielen aus dem Rheinland und aus Westfalen ein differenziertes Bild der NS-Jugendorganisation, jenseits der bekannten Propagandabilder. Über 500 Fotos und Dokumente präsentieren an sieben Medienstationen den Alltag der Hitlerjugend, ergänzt um historisches Filmmaterial und Zeitzeugenerzählungen. Gezeigt wird vielfältiges in der Ausstellung erstmals veröffentlichtes Material, vieles davon aus Privathand.
In einer zusätzlichen Abteilung werden die Hitlerjugend und andere Jugendgruppen in Münster thematisiert. Fotos und das Kriegstagebuch eines münsterschen Jungvolk-Fähnleins geben Einblicke in den Alltag Jugendlicher in Münster während der Zeit des Nationalsozialismus.
Neue Herausforderungen hatte die HJ im Krieg zu bewältigen. Sie musste sich weitgehend den Bedürfnissen des Kriegsalltags anpassen. Während sie zunächst nur für Aufgaben an der „Heimatfront“ verpflichtet wurde, kamen in der Kriegsendphase auch direkte Kampfeinsätze hinzu.
Die Ausstellung „Jugend im Gleichschritt!?“ beleuchtet auch den gesellschaftliche Kontext der 1920er- und 1930er-Jahre. Die Hitlerjugend wird als eine von vier Erziehungsinstanzen der NS-Zeit präsentiert: die HJ konkurrierte mit Elternhaus, Schule und Kirche um die Vormachtstellung in der Jugenderziehung. Im Vordergrund steht dabei, wie die neuen Machthaber auf die Erziehung Einfluss zu nehmen versuchten.
Arbeit und Ziele der Hitlerjugend werden unter den Aspekten „Organisation“, „Dienst“ und „Führer“ näher vorgestellt. Im Mittelpunkt steht dabei die Wehrerziehung, die vor allem die Aktivitäten in Jungvolk und HJ wesentlich prägte. Inwieweit die Hitlerjugend den selbst gestellten Ansprüchen gerecht wurde, wird an zahlreichen Beispielen überprüft.
Fotos:
- Drei Jungen aus dem Aegidiiviertel in HJ-Uniform im Jahr 1942. Foto: Stadtarchiv Münster, Kriegschronik. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
- Hitlerjungen halfen im Juni 1941 bei der Flachsernte im Münsterland. Foto: Stadtarchiv Münster, Kriegschronik. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
- Schießübungen von Schülern der Adolf-Hitler-Schule „Thüringen“ während ihrer Russlandfahrt, vom 26. Juni bis 5. August 1942. Foto: NS-DOK. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
- Marsch des Jungvolks Lippstadt durch Meiste, um 1944. Foto: Stadtarchiv Lippstadt. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.