Als „Insel der Glückseeligen“ wird Münster gerne bezeichnet, wenn die vergleichbaren Kommunen in Nordrhein-Westfalen sich über ihre Finanzsituation und ihre Haushaltslage den Kopf zerbrechen. „Wie jedes Ding hat auch dieses Lob zwei Seiten“, verliert Oberbürgermeisterin Marion Tüns nicht den kritischen Blick, „der Stolz auf eine leistungsstarke heimische Wirtschaft und eine solide Finanzpolitik der letzten Jahre darf nicht zum Leichtsinn verführen.“
Manche Statistiken könnten dazu verleiten. Münster hat im Reigen der vergleichbaren Städte schon traditionell den niedrigsten Schuldenstand. Aachen, Bielefeld und Bonn etwa haben bei den Schulden die Milliardengrenze schon vor drei Jahren mehr als deutlich überschritten, Münster liegt mit geplanten 827 Millionen in 1998 immer noch deutlich darunter. Auch bei der so häufig zitierten Pro-Kopf-Verschuldung ist Münster das in diesem Fall positive Schlußlicht.
„Mehr Aussagekraft für die Formel ‘wieviele Schulden man sich leisten kann’ hat der sogenannte Schuldenlastindikator“, erläuterte Oberbürgermeisterin Marion Tüns. Er stellt die Kosten für Zins und Tilgungen den Einnahmen aus Steuern gegenüber. Münsters Indikator hat sich in den vergangenen 13 Jahren um 0,14 Prozentpunkte auf 11,2 Prozent erhöht und liegt mit weitem Abstand unter den Indikatoren der anderen Städte, die teilweise mehr als daß Dreifache ausweisen.
Das alles ist erreicht worden mit Gewerbe- und Grundsteuerhebesätzen, die aktuell im landesweiten Durchschnitt liegen. Oberbürgermeisterin Marion Tüns: „In Münster kommt beides zusammen: sparsamste und wirtschaftliche Haushaltsführung der Stadt und ein stetig steigendes Gewerbesteueraufkommen aus der Wirtschaft.“
Netto-Neuverschuldung für die Zukunft Münsters
„Ich will dieses außerordentlich hohe Niveau einer soliden Finanzpolitik fortführen“, ist die feste Absicht der Oberbürgermeisterin, „und deshalb dürfen wir die Entwicklung der Schuldenlast nicht aus den Augen verlieren.“ Die jetzt dem Haupt- und Finanzausschuß vorgelegten Eckwerte zu den kommenden Haushaltsjahren sprechen da eine deutliche Sprache: Der Haushalt wird zwar in den nächsten fünf Jahren mit großer Anstrengung ausgeglichen werden können, aber eine ungebremste Zunahme des Schuldendienstes für Neuverschuldungen würden den Spielraum für eigene Initiativen der Stadt zusehends einengen.
Die Zunahme der Netto-Neuverschuldung in den letzten Jahren ist insbesondere auf Investitionen in die Zukunft Münsters, wie zum Beispiel für die Halle Münsterland, oder auf Maßnahmen zum Vermögenserhalt zurückzuführen. „Allein bei den Schulgebäuden hat sich in den letzten zehn Jahren ein Sanierungsstau gebildet, der abgearbeitet werden mußte“, so Marion Tüns. „Die Gebäude sind städtisches Vermögen, das wir nicht verkommen lassen dürfen. Da muß jetzt eine alte Erblast in mehrstelliger Millionenhöhe getilgt werden. Unsere Kinder sollen in ordentlichen Schulen unterrichtet werden, in denen sie für ihre Zukunft lernen können.“
Diese dringend erforderlichen Maßnahmen sind über das Investitionsprogramm bis 2001 abgedeckt. An diesen Beschlüssen des Rates soll nicht grundsätzlich gerüttelt werden. „Trotzdem ist es sinnvoll, die einzelnen Positionen nochmals darauf abzuklopfen, ob sie ganz praktisch in den geplanten Zeiträumen verwirklicht werden können, wo man vielleicht auch in alten Beschlüssen über das gut gemeinte Ziel hinausgeschossen ist.“
Der Verwaltungsvorstand hat sich darauf verständigt, unter diesen Maßgaben die Ausgaben zu überprüfen und auf diese Weise die Schuldenaufnahme zu strecken. Welche neuen Maßnahmen dann zu welchem Zeitpunkt vielleicht noch angegangen werden können, muß unter den Gesichtspunkten der Priorität und der Finanzierbarkeit „auf Herz und Nieren“ geprüft werden.
Kreditaufnahme soll bis 2005 auf 20 Millionen sinken
„Niemand kann sich alles auf einmal leisten“, ist Oberbürgermeisterin Marion Tüns überzeugt, daß die mit dem Programm einhergehenden Sparmaßnahmen oder in die Zukunft gestellte Maßnahmen auf großes Verständnis in der Bürgerschaft stoßen. „In den Privathaushalten ist vollkommen klar, daß nur soviel Schulden gemacht werden, daß nach Zins und Tilgung noch genug für Miete und Lebensunterhalt verbleibt. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein deutliches Gespür dafür, daß man sich bei den Schulden lieber drei Schritte vom Abgrund entfernt hält, als das Risiko des Absturzes einzugehen.“ Dieser Grundsatz müsse auch für eine Stadt gelten. Deshalb sei jetzt der richtige Zeitpunkt, sich auf ein Programm zu Rückführung der Netto-Neuverschuldung zu verständigen.
In Zahlen ausgedrückt soll die Kreditaufnahme sich von 143 Millionen in 1998 nach und nach auf 20 Millionen im Jahre 2005 verringern. „Wir haben uns damit ein ehrgeiziges Ziel gesteckt“, so Oberbürgermeisterin Marion Tüns, „das wir mit einer gemeinsamen Anstrengung von Rat, Verwaltung und Bürgerschaft aber erreichen können. Und es lohnt sich doch, sich für eine gute Zukunft der Stadt Münster einzusetzen.“