Münster (SMS) Rund 7000 E-Tretroller und 600 E-Fahrräder sind aktuell auf münsterschem Grund unterwegs. Die Leihfahrzeuge ohne feste Abstellbasis führen allerdings immer wieder zu Problemen im Stadtbild und Beschwerden der übrigen Verkehrsteilnehmenden. Daher beabsichtigt die Stadt Münster jetzt, diese Situation maßgeblich zu entschärfen. Mit einer Projektplattform und dem Abruf von Echtzeitdaten will die Stadtverwaltung möglichst schon im kommenden Jahr mehr Kontrolle über das sogenannte „Free-Floating-Modell“ erhalten und damit etwaige Regelverstöße schneller ermitteln und ahnden können. Weitere Maßnahmen sind in Planung.
Der Austausch zwischen Stadt und Verleihfirmen hat sich seit dem Start im Jahr 2019 deutlich verbessert. Für falsch abgestellte oder auch gekippte Roller sind aber nach wie vor ausschließlich die Nutzenden verantwortlich, sprich: Hier fehlen Verwaltung und Unternehmen bislang die rechtlichen Zugriffsmöglichkeiten. Ein Eilantrag des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen e.V. gegen die Stadt und die grundsätzliche Zulassung solcher Fahrzeuge wurde zwar abgewiesen, das Hauptsacheverfahren ist hingegen weiterhin offen.
In Folge eines Rats-Antrags im Frühjahr 2022 hat das münstersche Ordnungsamt nun einen Bericht mit Vorschlägen zur weiteren Entschärfung dieser Situation vorgelegt. Diese werden am Dienstag, 18. Oktober, im Ausschuss für Personal, Digitalisierung, Organisation, Sicherheit und Ordnung sowie am 19. Oktober im Ausschuss für Verkehr und Mobilität erläutert. Sie haben bundesweiten Vorbildcharakter. „Wir können als Kommune hiermit sicherlich nicht alle verkehrlichen Probleme lösen, sehr wohl aber den uns von staatlicher Seite derzeit ermöglichten Handlungsspielraum voll ausschöpfen – und dies so kostengünstig wie zügig“, sagt Norbert Vechtel, Leiter des Ordnungsamtes.
Demnach sollen bereits ab April 2023 die sogenannten „No-Parking-Bereiche“, also Parkverbotszonen, „massiv ausgeweitet“ und eindeutige Parkflächen im Gegenzug vorgegeben werden. Ein einheitlicher Gebührentarif für den gewerblichen Verleih von Fahrrädern im Sharing-System ist ebenso vorgesehen wie eine perspektivische Integration in Mobilitätsstationen.
Mehr noch: Die Stadt Münster strebt eine Anbindung an die Systeme der E-Scooter-Betreiber via Dashboard an, das wiederum Echtzeitdaten ausspielen und den „Austausch“ mit den Leih-Fahrzeugen ermöglichen kann. Vorteil: Abgestellte Leih-E-Tretroller und Leih-E-Pedelecs werden auf einer Karte visualisiert und Kennzeichen ausgewiesen, Regelverstöße somit automatisiert ermittelt, gemeldet und temporäre Verbotszonen (so beispielsweise bei Veranstaltungen) an die Geräte zurückgemeldet. Von mindestens einem Teil dieser Informationen könnte auch die Bürgerschaft via Open Data profitieren.
In der Folge könnte ein gemeinsames Mobilitätskonzept für die Innenstadt mit den Stadtwerken und dem städtischen Fahrradbüro erarbeitet werden, das Vermessungs- und Katasteramt würde über die urbane Datenplattform das Handling übernehmen und stark frequentierte Bereiche in Echtzeit abbilden.
„Wir wollen die Verkehrsteilnehmenden nicht drangsalieren, sondern die gemeinsam genutzten Flächen für alle Beteiligten möglichst sinnvoll ausgestalten“, sagt Ordnungsdezernent Wolfgang Heuer, „die berechtigten Beschwerden aus der Bevölkerung über behindernd abgestellte Leihgeräte zeigen uns aber auch, dass das junge Verleihsystem im wahrsten Sinne noch nach seinem Platz in der Gesellschaft sucht. Die Verkehrssicherheit muss dabei eine große Rolle spielen.“
Zum Hintergrund:
Mangels bundesgesetzlicher Vorgaben erfolgte im Jahr 2019 der E-Scooter-Verleih in einer ersten Stufe nur im Rahmen von freiwilligen Vereinbarungen mit den Verleihfirmen zu den Aufstellmöglichkeiten und dem Beschwerdemanagement. Der Nachteil war, dass es keine Sanktionsmöglichkeiten gab.
Ab April 22 konnten unter Anwendung eines Beschlusses des Oberverwaltungsgerichtes Münster in einer zweiten Stufe rechtsverbindliche Sondernutzungsgenehmigungen mit festen Nebenbestimmungen erteilt werden. Damit konnten neben der neuen Gebührenpflicht erstmalig Verwarnungen bei Parkverstößen gegen die Verleiher erteilt werden. Dennoch musste festgestellt werden, dass der direkte Zugriff auf die verantwortlichen Nutzer auch weiterhin nicht möglich war. Hier fehlen Verwaltung und Unternehmen bislang die rechtlichen Möglichkeiten. In der nun beabsichtigten Stufe 3 könnten weitere Regel-Verschärfungen eine deutliche Korrektur im Stadtbild bewirken.
Grafiken: Visualisierung stark befahrener Bereiche mit E-Rollern (rot) und stark frequentierter Bereiche, in denen E-Roller abgestellt werden (violett). Gestaltung: Vermessungs- und Katasteramt, Stadt Münster, Fachbereich Geoinformation, Fachstelle zentrales Geodatenmanagement | Urbane Daten. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.