Als zweite Präsentation werden vom 27. Juni bis 8. August Werke von Michaela Melián und Reinhild Kuhn durch die junge Kuratorin Allison Path-Moseley vorgestellt. Zum Abschluß wird Bettina Dorn vom 22. August bis 19. September Arbeiten von Susanne Weirich und Frank Herzog präsentieren. "Alle drei Frauen haben bereits Erfahrungen in der Ausstellungskonzeption. Die Einladung der Hawerkamphalle dient dazu, sich weiter als Kuratoren zu profilieren", verdeutlicht Dr. Gail Kirkpatrick.
Silke Rehberg und Rotraut Pape, deren Werkschau den Anfang macht, haben sich in ihren jeweiligen Sujets bereits einen Namen erworben. Die in Sendenhorst lebende Künstlerin Silke Rehberg, geboren 1963 in Ahlen, arbeitet mit figürlichen Versatzstücken, die sie zu selbständigen Kompositionen oder Arrangements montiert. Ihr Projekt "Persona mixta" thematisiert den Umgang mit ästhetischen, moralischen und ideologischen Mustern in Prozessen der Entscheidungsfindung. Plastisch ausgearbeitete und zum Teil farbig gefaßte Köpfe und Büsten sind auf Sitzmöbeln, Stellagen und Ablagefächen installiert. Figur und Gegenstand werden im wechselseitigen Kontext zum doppelwertigen Wesen: zur "persona mixta".
Silke Rehberg: Ästhetische Beziehung von Person und Umwelt
Die Köpfe sind meist als Zwillingspaare ausgeführt, durch minimale Verschiebungen in Mimik und Gestik entstehen unterschiedliche Mischtypen. Dabei schränkt die Figur die Funktion des Gegenstandes ein, auf dem sie montiert ist, in dem sie ihn "besetzt" und dessen Gestalt zu kommentieren scheint. Der Betrachter versucht, den industriell gefertigten Gegenstand zu klassifizieren und zu identifizieren. Durch seine Deutungen wird die Souveränität der Figur fraglich, degradiert zum dekorativen Versatzstück innerhalb des Arrangements. Versuche, eine logische Abhängigkeit zwischen Figur und Gegenstand herzustellen, scheitern an der Wahrnehmung.
"Der Begriff der Person ist durch die Fähigkeit gekennzeichnet, sich selbst in der Umwelt zu bestimmen. Rehberg nutzt das Element der Beziehung, in dem sie so Konfliktpotential aktiviert. Dadurch wird deutlich, daß sich die Individualität der Person erst in einer gebrochenen Aneignung vorgefundener Muster bildet", erläutert Dr. Gail Kirkpatrick.
Rotraut Pape: Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen
Die 1956 in Berlin geborene und in Hamburg lebende Künstlerin Rotraut Pape entwirft mit den Mitteln von Video und Computer gesellschaftliche, politische und ethische Fragenkomplexe. In ihrer Videoinstallation "Der Garten" werden das Image und die Geschichte des Garten Eden zum Gegenstand einer vielschichtigen und hochtechnischen Versuchsanordnung. Während Rehberg das Problem der Konstruktion als individuelle Syntheseleistung begreift, stellt Papes Arbeit den Betrachter vor das Problem der Analyse bereits konstruierter Wirklichkeit.
Sieben Früchte werden als scheinbar unversehrte Anschauungsobjekte der Natur auf Platztellern mit Lichtspots präsentiert. Jede Station ist per Kabel mit einem Monitor verbunden, auf dem man Kernspintomografien der Früchte sieht. "Diese Form der Analyse zielt eigentlich auf die genaue Untersuchung des Inneren, bei Pape ist allerdings nicht das unberührte Fruchtinnere zu sehen. Sie zeigt bizarre Verfremdungen: ‘Atomelonen’, ‘Monolonen’, ‘Anastasen’", verdeutlicht Kuratorin Karin Wendt.
Als weitere Kernspintomografie hat die Künstlerin einen überdimensionalen Kopf an die Wand projiziert. Auf dem Computerbildschirm wirkt er dreidimensional und wird so animiert, daß er sich "majestätisch" dreht und die Anlage zu bewachen scheint.
Papes Rekonstruktion des Garten Eden stellt die Frage nach dem menschlichen Eingriff in natürliche Entwicklungsprozesse. "Im Kreisen des ‘Wächters’ um sich selbst erkennt der Betrachter die nie endende Bewegung der Reflexion. Pape lenkt den Blick nicht auf das Ende von Erkenntnis, sondern auf die unendlich vielen Möglichkeiten, die noch ausstehen," betont Kuratorin Karin Wendt.