Witzig, humorvoll, absurd, vielleicht gar peinlich - ständig pendelt der Betrachter zwischen Abscheu und Reiz. Er hält Abstand, andererseits ziehen die futuristisch anmutenden Welten in den Bann. Max Mohr (Jahrgang 1962), zuweilen auch als der "Surrealist der Gegenwartskunst" betitelt, lädt in der Hawerkamphalle ein zu einer ambivalenten Reise durch Körper- und Gefühlswelten.
Den "Kosmos 243" bevölkert der Künstler mit älteren Arbeiten, die er in eine neue begehbare Installation integriert. Unter einem Baldachin aus fast anstößig wirkendem orthopädischen Strumpfhosenstoff kann der Besucher Mohrs "Kosmos" - eine Huldigung an eine seiner neuesten Kunstformen (gefrorene Plastiken) - bewundern. Aus Tiefkühltruhen - eine ist wie ein erhöhter Altar auf einer Plattform platziert - keimen bunte "Gewächse" (geforene Stoffe) aus dem Eis. Darüber spannt sich die gigantische Stoffkonstruktion.
"Es ist, als ob Max Mohr Betrachtern den Zutritt erlaubt in eine geheimnisvolle alchemistische Küche der Kreativität, in der er künstlerische Formen aufblühen lässt."so Dr. Gail Kirkpatrick, Leiterin der Hawerkamphalle. "Sein ‚Kosmos‘ ist auf der einen Seite eine Huldigung an die kreative Phantasie und zugleich eine Persiflage auf unsere zeitgenössischen Ansprüche darauf."
So skurril schon die Formgebung der Objekte ist - sie wecken Erinnerungen an mutierte Körperteile, Prothesen, medizinisches Gerät - noch absurder scheinen die Stoffe, mit denen der Künstler diese überzieht. Man sieht schimmernde Dessous und antiseptisch wirkenden Prothesenstoff, fleischfarbenes Tuch, bieder geblümtes Baumwollenes und Teile von Kinderkleidern.
Anders als die fantastische Form des Surrealismus, an die Mohrs Kunst nur auf den ersten Blick erinnert, ist seine Formgebung fest in der zeitgenössischen Mediengesellschaft verankert. Gail Kirkpatrick: "Die äußere Erscheinung seiner Plastiken fügt sich in ein diffuses Niemandsland ein: Zwischen reiner Abstraktion und einer praktischen Nützlichkeit. Zwischen einem Dasein als Art und als Artefakt. Man spürt, dass diese Formsprache irgendwie bereits latent besetzt ist, sie äußert sich in einen quasi ästhetischen Bereich des Designs und der Werbung, wo Begierde und Nutzen zu einem Kaufreiz gerinnen."
Aber Mohrs fetischistisch wirkende Objekte entziehen sich jeglicher eindeutigen Bestimmung. Mit einer fast kindlichen Naivität entblößt er die "anmachende" Ästhetik der Konsumgesellschaft und führt sie zu einer frappierenden, rein künstlerischen Vollendung.
Max Mohr hat an der Städelschule Frankfurt bei Thomas Bayrle und Christa Näher studiert. Zahlreiche Einzelausstellungen führten ihn unter anderem in die Galerie Luis Campana Köln, Arndt & Partner Berlin, Max Protetch New York und 1992 in das Museum für moderne Kunst Frankfurt. Darüber hinaus war Mohr an vielen internationalen Gruppenausstellungen vertreten. Dazu zählten die "German Open - Gegenwartskunst in Deutschland" im Kunstmuseum Wolfsburg (1999) und die "Art for a better Life" in der Künstlerwerkstatt Lothringer Straße, München (2000).
Info: Städtische Ausstellungshalle Am Hawerkamp, Am Hawerkamp 22 in Münster. Öffnungszeiten: Donnerstag/Freitag 16 bis 20 Uhr, Samstag/Sonntag 12 bis 18 Uhr. Die Ausstellung "Kosmos 243" wird bis zum 27. Oktober gezeigt.