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Pressemitteilungen


26.10.2018

Neue Familiensprechstunde weist Weg aus der Sprachlosigkeit

Kinder leiden mit psychisch kranken und suchtkranken Eltern / Gesundheitsamt entwickelte neues Angebot

Münster (SMS) Kinder leiden mit, wenn in der Familie eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung der Eltern unausgesprochen im Raum steht. Sie können die Verhaltensweisen ihrer Eltern weder verstehen noch verarbeiten, fühlen sich für diese verantwortlich und werden so oft genug fürs eigene Leben mit Schuldgefühlen beladen. Eine vom Gesundheits- und Veterinäramt der Stadt entwickelte Familiensprechstunde weist Kindern und Eltern Wege aus dieser Sackgasse. Sie ist ein Gewinn für die Kinder und die ganze Familie.

Dr. Annette Siemer-Eikelmann befasst sich seit mehr als zehn Jahren mit Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern. "Zwischen der elterlichen Erkrankung und Defiziten in der Entwicklung der betroffenen Kinder gibt es nachweislich Zusammenhänge", so die Leiterin der Abteilung Psychische Gesundheit im städtischen Gesundheits- und Veterinäramt. "Häufig nehmen betroffene Familien eine Beratung aber zu spät in Anspruch - oft erst, wenn massive häusliche Probleme auftreten."

Deshalb hat das Gesundheitsamt ein Präventionsprojekt "Familiensprechstunde  in Psychiatrischen Kliniken" entwickelt. Kooperationspartner in dem vom Land NRW geförderten Pilotprojekt ist die LWL-Klinik Münster. Ziel: Familien sollen frühzeitig über Hilfen und Förderangebote für ihre Kinder informiert und beraten werden und bei der Vermittlung Unterstützung erhalten.

Ein wichtiger Baustein sind aufklärende Gespräche mit den Kindern über die Erkrankung ihrer Eltern. "Die Mütter und Väter vermeiden es häufig aus Unsicherheit, mit ihren Kindern offen darüber zu sprechen", ist die übereinstimmende Erfahrung von Roswitha Sterz und Julia Düvel, den Beraterinnen aus dem Gesundheitsamt in der Familiensprechstunde. Sie helfen die Sprachlosigkeit zu überwinden.

Indem sie den Kindern erklären, dass sie keine Schuld an der Erkrankung und der Verhaltensweise der Eltern haben, befreien sie diese von einer großen Last. Ein zehnjähriges Mädchen: "Ich mache mir jetzt weniger Sorgen!" Und ein achtjähriger Junge erkannte für sich: "Kinder sind nie schuld, wenn Eltern krank sind. Es ist wichtig für mich, Dinge zu machen, die mir Freude machen." Auch von Eltern kommen positive Rückmeldungen: "Wir können jetzt besser mit unserem Kind sprechen."

Außerdem bleibt die Sprechstunde nicht ohne Folgen für die Erwachsenenpsychiatrie. "Sie sensibilisiert für die Thematik und trägt  dazu bei, dass Elternschaft und Erziehungsverantwortung in der psychiatrischen Behandlung systematisch verankert werden", berichtet Prof. Dr. Thomas Reker, Ärztlicher Direktor der LWL-Klinik. Damit helfe die Familiensprechstunde auch den erkrankten oder suchtkranken Müttern und Vätern in der Wahrnehmung ihrer Elternrolle.

Für die wissenschaftliche Begleitung des zweieinhalbjährigen Projekts füllen Eltern und Kinder zu verschiedenen Zeitpunkten Fragebögen aus. Diese werden wissenschaftlich ausgewertet. Dr. Gabriele Dlugosch vom Zentrum für Empirische Pädagogische Forschung der Universität Koblenz-Landau in einer Zwischenbilanz: "Die Sprechstunde scheint sich als wichtiges niedrigschwelliges Präventionsangebot zu bewähren. Mehr als Dreiviertel der mitwirkenden Familien waren dem Gesundheitsamt nicht bekannt gewesen, sie konnten durch das Angebot neu erreicht werden. Die meisten ratsuchenden Eltern und ihre Kinder gaben an, das  Angebot als hilfreich und stärkend erlebt zu haben."

Abschließende Ergebnisse werden nach Projektende im Sommer 2019 vorliegen. Schon jetzt steht fest, dass die Familiensprechstunde zum regulären Angebot des Gesundheitsamtes werden soll - in der LWL-Klinik und in anderen psychiatrischen Kliniken in Münster.

Foto:

Das Team der Familiensprechstunde (von links): Roswitha Sterz und Julia Düvel (Gesundheitsamt), Prof. Dr. Thomas Reker (LWL-Klinik), Priv.-Doz. Dr. Gabriele Dlugosch (Universität Koblenz-Landau), Dr. Annette Siemer-Eikelmann (Gesundheitsamt). - Foto: Presseamt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.

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Team der Familiensprechstunde

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