(SMS) Es ist nur ein filigranes Fragment, kaum vier Zentimter groß, und doch läßt sich an ihm noch ein Stück Weihnachtsbrauchtum ablesen: Kurz vor Abschluß der Ausgrabungen auf dem Parkplatz Stubengasse förderten die Archäologen ein Teilstück einer Christkindwiege aus dem 15. Jahrhundert zutage. Fein modelliert und immer noch gut erkennbar ist das Jesuskind. Es ruht in der Wiege, den Kopf auf ein Kissen gebettet, und hebt - der damaligen ikonographischen Tradition entsprechend - die rechte Hand zum Segen. Passend zu den Festtagen zeigt das Stadtmuseum Münster diesen weihnachtlichen Fund mit den anderen Ausgrabungsergebnissen in seiner Ausstellung "Vom unterirdischen Münster".
"Es gibt nur wenige Wiegen dieser Art, die sich bis in die Gegenwart erhalten haben", bewertet Dr. Bernd Thier vom Stadtmuseum das gefundene Teilstück. Die wenigen Objekte, die es heute noch gibt, stammen zumeist aus Grabungen. So auch die Wiege aus dem Stubengassen-Areal, die für einen mittelalterlichen Weihnachtsbrauch steht, der nun auch archäologisch für Münster nachgewiesen werden kann.
"Im ausgehenden Mittelalter war es üblich, in der Weihnachtszeit Christkind-Figuren zu wiegen", erläutert der Archäologe und Historiker die alte Tradition "Auch wurden diese Figuren oder aber Andachtsbildchen mit dem segnenden Christkind verschenkt - vorzugsweise zum Jahreswechsel, quasi als Vorform der heutigen Neujahrskarten".
In den Adventswochen versorgten Nonnen in Klöstern symbolisch die Christkindfigur. Sie wickelten und schaukelten sie in einer Wiege. Kinder aus der Nachbarschaft durften - gegen eine geringe Geldspende - ebenfalls diesem Brauch nachgehen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde dieses "Christkindwiegen" in Münster gepflegt. Beispielsweise im Armenhaus Elisabeth zur Aa, dessen hölzerne Wiege aus dem Jahre 1630 ebenfalls im Stadtmuseum aufbewahrt wird.
Die Ausstellung mit dem historischen Fundgut aus dem Gelände Parkplatz Stubengasse endet nicht wie vorgesehen schon im Januar. Aufgrund des hohen Interesses - bisher kamen über 22 000 Besucherinnen und Besucher - verlängert das Museum an der Salzstraße sie bis zum 11. April. Für dieses Jahr sind die Ausgrabungen auf der Stubengasse beendet, den letzten Zeit-Abschnitt legen die Archäologen ab Februar frei.
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Pressemitteilungen
22.12.1998