28.01.1999

Aussiedler in Deutschland

Gründe und Ursachen der Wanderungsbewegung - ein kurzer geschichtlicher Überblick

(SMS) Aussiedler in Deutschland - ein Thema, das immer wieder zu hitzigen und kontroversen Diskussionen in Politik und Gesellschaft führt, beladen mit Mißverständnissen, Vorurteilen und häufig schlicht fehlendem Wissen. Von Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre kamen jährlich mehrere hunderttausend Aussiedler nach Deutschland, allein in den letzten acht Jahren waren es - mit abnehmender Tendenz - über 1,5 Millionen. Wo liegen die Gründe und Ursachen dieser Wanderungsbewegung?

Die meisten Aussiedler sind Nachkommen von Deutschen, die vor mehreren hundert Jahren größtenteils aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verließen, um sich im Ausland eine neue Existenz aufzubauen. Im Zuge der sogenannten "Deutschen Ostsiedlung" entstanden zahlreiche größere deutsche Siedlungsräume in Pommern, Schlesien, West- und Ostpreußen, aber auch in den Randgebieten von Böhmen, in Siebenbürgen (Rumänien) oder an der Wolga. Über Jahrhunderte hinweg bewahrten die Siedler dort ihre deutsche Sprache und Kultur.

Spielball politischer Machtinteressen

Mit dem Wachsen nationalstaatlicher Ideen im 19. Jahrhundert jedoch wurden die Einwanderer immer öfter zum Spielball politischer Machtinteressen - und für Territorialansprüche mißbraucht. Die Deutschen, deren Vorfahren ursprünglich als willkommene Arbeitskräfte ins Land gekommen waren, mußten mit radikal veränderten Lebensbedingungen zurechtkommen. So wurde in Rußland lebenden Deutschen zu Beginn des Ersten Weltkriegs untersagt, öffentlich Deutsch zu sprechen. Ihre Schulen wurden geschlossen, ihre Zeitungen verboten. Viele konnten sich mit dieser neuen Situation nicht abfinden und kehrten zwischen den Weltkriegen nach Deutschland zurück.

Eine massive Enteignung, Verfolgung und Deportation ethnischer Minderheiten setzte während des Zweiten Weltkriegs 1941 unter Stalin in Rußland ein. Für die Deutschen eine Katastrophe: Ihre Siedlungsräume wurden zerstört. Die Reste der deutschen Minderheiten im Osten Europas lebten nach dem Krieg weitgehend enteignet, entrechtet und isoliert.

Größte Gruppe: Rußland-Deutsche

Obwohl die unmittelbaren Vertreibungen 1955 ein Ende hatten, entschlossen sich in der Nachkriegszeit mehr und mehr Menschen, nach Deutschland umzusiedeln. Dieser Strom deutscher Aussiedler in die Bundesrepublik hält bis heute an. Waren es bis 1990 vor allem Zuwanderer aus Polen und Rumänien, so bilden seit einigen Jahren - bedingt durch den Zusammenbruch der Sowjetunion - die Rußland-Deutschen mit über 90 Prozent die größte Gruppe der Aussiedler. Allerdings leben noch heute weit über zwei Millionen deutsche Einwanderer in den Ländern Osteuropas.