Der Großteil davon war wohnungslos. Über 100 minderjährige Mädchen und junge Frauen übernachteten seit Bestehen der Einrichtung im Masy (Mädchen-Sleep-in). Das Masy ist ein Angebot des Verbundes Sozialtherapeutischer Einrichtungen e.V. und bietet den Frauen geschützte Schlafplätze, berät und betreut sie. "Wohnungslose Jugendliche befinden sich in einer besonders schwierigen Lage", sagt Georg Piepel vom Amt für Kinder, Jugendliche und Familien. Sie kommen häufig aus Elternhäusern, wo sie wenig Liebe und stattdessen Gewalt, Vernachlässigung und sexuellen Mißbrauch erfahren haben. Vor allem Minderjährige hätten es schwer. Sie führen aus Angst vor der Polizei, Bahnhofspolizei und anderen Behörden oft ein Versteckspiel. Von Rechts wegen müßten die Kinder eigentlich bei ihren Eltern sein. Doch viele sind von Zuhause abgehauen oder hinausgeworfen worden. Die Straßenszene am Bahnhof sei eine Art Ersatzfamilie.
"Viele von diesen Jugendliche sagen, die Straße sei immer noch besser als alles, was sie vorher erlebt haben", berichtet Piepel. Doch die Tatsachen spechen für sich: Wer nicht in einer Übernachtungseinrichtung Unterschlupf findet oder bei Bekannten unterkommt, muß draußen schlafen, bei Wind und Wetter. Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre gibt es kaum. Auch die Situation der Jugendszene am Bahnhof sei nicht einfacher geworden. Manchen Geschäftsleuten und der Bahn sind die "herumlungernden und schnorrenden Punker" schon lange ein Dorn im Auge.
Viele junge Leute haben Hausverbot im Bahnhof und dürfen auch die öffentlichen Toiletten nicht benutzen. Durch den Bau des Radstation und die Umgestaltung des Tunnels entfallen weitere überdachte Treffmöglichkeiten. Auch die Streetwork und Masy brauchen feste Orte für ihre Arbeit. Denn erst, wenn es feste Treffpunkte und Ruheplätze gibt, können sie Kontakt zu den Jugendlichen auf- und Mißtrauen abbauen. Probleme würden durch die Vertreibung nicht gelöst sondern verdrängt.
Als Mitglied der münsterschen Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe beteiligen sich die Streetwork und Masy an der bundesweiten Aktion "Die Stadt gehört allen" am Freitag, 11. September. Sie werden von 10 bis 15 Uhr mit Infoständen und Aktionen vor dem Hauptbahnhof und im Fußgängertunnel vertreten sein. Wer sich schon jetzt informieren will, kann sich an Streetwork (Tel. 4925860) und Masy (Tel. 531145) wenden.