Nach Prüfung der Markt- und Absatzsituation hat sich der Verleger, der Aschendorff-Verlag Münster, entschlossen, die für den Buchhandel bestimmte Auflage nicht mehr fortzusetzen. Die Herausgeber und die Stadt Münster als Auftraggeberin sehen sich nicht in der Lage, die entstehende Finanzierungslücke zu schließen.
Das Ende der Sammelreihe nahmen die Verantwortlichen und die Autoren zum Anlaß, bei einer kleinen Abschlußfeier im Stadtarchiv Rückblick zu halten. Dabei würdigte Schul- und Kulturdezernentin Helga Boldt die kultur- und schulpolitische Bedeutung der Reihe für die Stadt. Das Stadtarchiv präsentiert die 22 Hefte in Form einer kleinen Ausstellung, die interessierte Bürgerinnen und Bürger ab Freitag, 30. April, zu den Öffnungszeiten des Archivs in der Hörsterstraße besichtigen können.
"Geschichte original" wirkte als Signal
Als 1978 die Reihe durch die Stadt Münster ins Leben gerufen wurde, war das eine Entscheidung gegen den Trend. Es war eine Zeit, in der der "Verlust der Geschichte" zu drohen schien und die systematischen Nachbardisziplinen Soziologie und Politologie sehr viel mehr öffentliches Interesse fanden als das traditionelle Bildungsfach Geschichte. Die städtische Initiative ergänzte damals die gleichzeitig getroffene Entscheidung für die Gründung des Stadtmuseums und die Einrichtung eines repräsentativen Dienstgebäudes für das Stadtarchiv im "Lotharinger Kloster" und trug bewußt zu einer Stärkung der historisch-politischen Bildung in der Stadt bei.
Der rasche Erfolg schon der ersten Ausgaben der vom Stadtarchiv und Stadtmuseum gemeinsam verantworteten Reihe gab Organisatoren, Autoren und Machern recht. "Das Stadtarchiv und die kommunale Lehrerfortbildung beim Schulamt haben mit Hilfe der in kurzer Folge erscheinenden Mappen historisch-politische Akzente gesetzt. Die Reihe erarbeitete im Laufe der Jahre wichtige Zeugnisse der 1200jährigen Geschichte Münsters und machte sie durch Reproduktionen nicht nur einen breiten Kreis von Lernenden und Lehrenden zugänglich, sondern auch der historisch interessierten Öffentlichkeit", betont Kulturdezernentin Helga Boldt. Prägnantes und verständliches Sammelwerk
Auch von der Fachkritik wurden die Arbeiten als Stärkung des kultur- und schulpolitischen Profils Münsters positiv gewürdigt. Ob das Sammelwerk zu den Wiedertäufern oder zur Geschichte der Juden in Münster, ob Architekturmappe oder der Weg der Westfalenmetropole zur modernen Großstadt - kennzeichnend für alle Werke ist die prägnante, verständliche Beschreibung historischer Entwicklungen und Ereignisse in der Geschichte der Stadt, die an ausgewählten Dokumenten sinnfällig wird.
Das erfolgreiche Konzept wurde seinerzeit von drei Herausgebern entwickelt und bis heute kontinuierlich weitergeführt: Hans Galen, den damaligen Leiter des Stadtmuseums, Prof. Dr. Joachim Kuropka, Hochschullehrer für Geschichte und Didaktik der Geschichte an der Universität Münster, sowie Dr. Helmut Lahrkamp, damaliger Leiter des Stadtarchivs. Von Anfang an lag die redaktionelle Betreuung beim Stadtarchiv. Nach dem Wechsel in der Leitung 1987 trat Prof. Dr. Franz-Josef Jakobi als Nachfolger von Dr. Lahrkamp in den Kreis der Herausgeber ein.
Letzte Mappe: "Preußen in Münster 1815 - 1870"
Das letzte Heft der erfolgreichen Reihe "Die Preußen in Münster 1815 -1870" von Dr. Bernd Haunfelder wendet sich nach drei vorhergehenden Mappen mit kunst- und literaturgeschichtlichem Inhalt wieder einem politikgeschichtlichen Thema zu: dem tiefgreifenden Veränderungsprozeß, der im 19. Jahrhundert aus der Haupt- und Residenzstadt des Fürstbistums Münster die Preußische Provinzial-Hauptstadt Münster entstehen ließ.
Daß der Zeitraum von 1815 bis 1870 durch ein unaufhebbares Spannungsverhältnis gekennzeichnet war, drückt bereits das Umschlagsbild aus. Es zeigt einen Ausschnitt aus dem bekannten Gemälde der preußischen Stadtwache von Cornelis Springer. Die Wache war von der preußischen Regierung im Rathausbereich, dem bedeutendsten Symbol für Autonomie und Selbstbestimmung der verfaßten Bürgerschaft, eingerichtet worden.
Der Autor Dr. Bernd Haunfelder, vielfach ausgewiesener Kenner der Stadtgeschichte und speziell dieser Epoche, hat im Begleitheft die wichtigsten Elemente des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses in knapper und eingängiger Form dargestellt: die Etablierung der preußischen Behörden und Verwaltungseinrichtungen, die Neuorganisation des politischen Lebens mit dem Entstehen von Vereinen und politischen Parteien, die konfessionellen Spannungen in den 30er und die politischen Spannungen in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sowie Elemente des gesellschaftlichen, religiösen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens, die die Stadt während der ersten Phase der "preußischen Zeit" bis zur Reichsgründung kennzeichneten.
Mit Literaturhinweise sowie einem umfangreichen Katalog von Leitfragen und Arbeitsaufträgen zum Selbststudium rundet der Autor das Textheft ab. Nach dem bewährten Organisationsmuster bildet den zweiten Teil der Mappe eine Sammlung von Text- und Bildreproduktionen, die als Einzelblätter in die Mappe eingelegt sind. Das Heft ist für 24,80 Mark im Buchhandel erhältlich.