01.12.1998

Frauen-Agenda will Zukunft Münsters nachhaltig mitprägen

Frauenbündnis legt Dokumentation seiner Arbeit vor / Zukünftige Lokale Agenda muß sich an der Geschlechtergerechtigkeit messen lassen

(SMS) Was haben auf den ersten Blick so unterschiedliche Themenbereiche wie der Jahreswirtschaftsbericht, von Gentechnik freie Lebensmittel, Kinderbetreuung, Berufswahlprogramme für Mädchen, Frauenförderung an der Universität und Weiterbildungsangebote für Männer gemeinsam? Sie sind Kriterien für Geschlechtergerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit. Zugleich bilden sie wesentliche Bausteine der Frauenagenda von Münster. Seit Oktober 1997 erarbeitete das Frauenbündnis "Frauen in der Welt von morgen" -ein Zusammenschluß zahlreicher münsterscher Frauengruppen und -initiativen- einen insgesamt 13 Schwerpunktthemen umfassenden Forderungskatalog. Jetzt stellten die Frauen die Dokumentation "Münsters Frauen-Agenda" der Öffentlichkeit vor.

Mit visionären Zielen und praktischen Vorschlägen habe das Frauenaktionsbündnis die inhaltliche Arbeit zum vorläufigen Abschluß gebracht. Der zukünftige Agenda-Prozeß müsse sich nun an der Berücksichtigung und Einbeziehung der auf Geschlechtergerechtigkeit drängenden Vorschläge und Forderungen der Frauen-Agenda messen lassen, betont die städtische Frauenbeauftragte Martina Arndts-Haupt, die gemeinsam mit Barbara Imholz vom städtischen Agenda-Büro die Arbeit des Bündnisses fachlich und organisatorisch begleitete. Die Frauen gäben ihre Vision von einem geschlechtergerechten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Münster an Verwaltung, Politik und alle im Agenda-Prozeß Beteiligten weiter. Damit seien zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Akzente gesetzt worden. Gleichzeitig sei ausreichend Zeit und Raum geschaffen worden, die Forderungen von Münsters Frauen in den Abschluß des Agenda-Prozesses einzubinden.

Unter Leitsätzen wie "Soziale und ökonomische Sicherheit für alle!", "Gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und Freizeit für Männer und Frauen!" sowie "Für einen kulturellen Wandel im 21. Jahrhundert" wurden konkrete Vorschläge entwickelt. Sie sollen die Agendabereiche Wirtschaft und Soziales, Bildung und Kultur, Gesundheit und Stadtentwicklung Münsters zukünftig mitprägen.

Meßlatte der Zukunftsplanung ist die Geschlechtergerechtigkeit

Zu den zukunftsgerichteten Forderungen der Frauen gehören etwa die ganztägige kostenlose Kinderbetreuung, eine an Frauen orientierte Gesundheitspolitik von Rat und Verwaltung sowie die Einrichtung eines Geburtshauses. Flexible Arbeitszeiten in Verwaltung, Handel und Industrie sollen ebenso vorangetrieben werden wie Weiterbildungsangebote für teilzeitbeschäftigte Frauen. Außerdem fordert das Frauenaktionsbündnis zinslose Darlehen für alleinerziehende Studentinnen sowie die gezielte Frauenförderung im Bereich Technologiehof und Technologiepark. Für die gesamte Stadt- und Weiterbildungslandschaft sollen sogenannte "Gender studies-Programme" gefördert werden, die das Bewußtseins für gleichstellungspoltitische Themen voranbringen sollen.

Zu den Vorschlägen gehören auch soziale, gesellschaftliche und persönlichkeitsfördernde Weiterbildungsangebote für Männer und die Einrichtung eines städtischen Männerbüros. An Schulprojekttagen sollen Mädchen und Jungen ihr Rollenverständnis und Wege der Berufsplanung überprüfen. Bei Lehrkräften und Eltern sollen die gleichstellungsrelevanten Aspekte des koedukativen Unterrichts verstärkt ins Bewußtsein gerückt werden. Spezielle Weiterbildungsangebote für Frauen in den Stadtteilen komplettieren die vielfältigen Forderungen von Münsters Frauen-Agenda.

Das Frauenaktionsbündnis habe sich jedoch nicht nur mit Visionen und Zukunftsforderungen befaßt, betont Martina Arndts-Haupt. Parallel dazu wurde die Arbeit der Facharbeitskreise im Agenda-Prozeß begleitet. Zu den Zwischenergebnissen der Facharbeitskreise hat das Bündnis Anregungen und Ergänzungen formuliert und in der jetzt vorgelegten Dokumentation zusammengefaßt. Zu den Forderungen gehören etwa die geschlechtergerechte Sprache und die paritätische Besetzung von Projekten und Einrichtungen.

Münster führend in der Formulierung der Frauen-Agenda

Vervollständigt wird die Arbeitsbilanz des Frauenaktionsbündnisses und die Dokumentation durch das Grundsatzpapier "Frauen gegen den Strom der Zeit". Es ist eine Analyse und Beschreibung für eine grundlegend andere Wirtschaftsweise. Hierbei wird der besondere Zusammenhang zwischen dem Ansatz des vorsorgenden Wirtschaftens und der Lebenssituation von Frauen beschrieben.

"Münster ist eine der ersten Städte, in der die Frauen bereits mit einem eigenen Konzept an die Öffentlichkeit getreten sind. Darauf sind wir ebenso stolz wie auf die Tatsache, daß in unserem Frauenaktionsbündnis Frauen aus allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen kreativ zusammengearbeitet haben," betonen Martina Arndts-Haupt und Barbara Imholz. Im kommenden Jahr wolle man den weiteren Verlauf des Agenda-Prozesses sowie eine geschlechtergerechte Formulierung der Münsterschen Agenda mit kritischen Augen verfolgen.