Mit Ausstellungsexponaten, Installationen und illustrierten Texttafeln spannt die Präsentation einen 800 Jahre umfassenden Bogen vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Verdeutlicht werden die untergeordnete Rechtsposition der Juden in Westfalen, die daraus resultierenden Probleme aber auch die vielfältigen Verbindungen zwischen den jüdischen und christlichen Nachbarn. Es geht um die Vielfalt der Geschichte: Gezeigt wird städtisches Leben im Mittelalter, das Landjudentum, der jüdische Viehhändler und Bürger und die Bestrebungen nach Emanzipation. Vorgestellt werden auch die jüdischen Arbeiter, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Osteuropa in das Ruhrgebiet kamen.
Zahlreiche Exponate nehmen direkten Bezug auf die Geschichte der Juden in Münster. Dazu gehört ein Schatzfund, der nach dem Zweiten Weltkrieg in den Trümmern des von Bomben zerstörten Stadtweinhauses entdeckt wurde. Er umfaßt über 30 Schmuckstücke und mehr als 2 000 Münzen aus der Zeit um 1350. Damals begann hinter dem Stadtweinhaus das Judenviertel. Fachleute vermuten, dass ein wohlhabender Jude den Schatz hier versteckt hat, als Mitte des 13. Jahrhunderts die Juden für die grassierende Pest verantwortlich gemacht und deswegen verfolgt, getötet und aus der Stadt getrieben wurden.
Unter Fürstbischof Franz von Waldeck erhielten 1536 einige jüdische Familien für eine kurze Periode das Recht, sich in Münster niederzulassen. 1553, unmittelbar nach dem Tod des Kirchenfürsten, beschloß der Rat gemeinsam mit den münsterschen Zünften, dass alle Juden die Stadt zu verlassen haben. Das Niederlassungsverbot galt bis ins frühe 19. Jahrhundert.
Schulmodell von Alexander Haindorf aus Münster
Als 1810 die jüdische Gemeinde neu gegründet wurde, traten zwei münstersche Persönlichkeiten hervor, die stellvertretend für die innerjüdische Auseinandersetzung dieser Zeit stehen und denen die Ausstellung eigene Abteilungen widmet. Der Landesrabbiner Abraham Sutro (1784 - 1869) gehörte zu den einflussreichen Vertretern des orthodoxen Judentums. Der Mediziner Alexander Haindorf (1782 - 1862) steht für die Verfechter der Reformbewegung, Die nach ihm und seinem Schwiegervater benannte Marks-Haindorf-Stiftung verschaffte sich vor allem durch die Ausbildung jüdischer Lehrer einen weit über Westfalen hinaus reichenden Ruf.
Zu den weit über Westfalen hinaus bekannten Juden gehört auch der aus einer münsterschen Getreidehändlerfamilie stammende Alfred Flechtheim, der zu den bedeutendsten Kunsthändlern und -förderern in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts zählte. Die von dem renommierten Bildhauer Rudolf Belling 1927 geschaffene Portraitbüste Flechtheims bildet einen Höhepunkt der Ausstellung.
Installationen veranschaulichen jüdische Alltagskultur
Durch verschiedene Inszenierungen wird jüdisches Leben und Alltagskultur anschaulich. Zu sehen ist eine ländliche Betstube in Fachwerkbauweise, die die Verschmelzung jüdischer und regionaler Traditionen deutlich werden lässt. Der schlichte Innenraum weist die beengten und ärmlichen Verhältnisse auf, unter denen in den ländlichen Gebieten Westfalens Gottesdienst gefeiert wurde. Ein bürgerlicher Schabbattisch in gründerzeitlichem Ambiente widerlegt das Klischee von der "Andersartigkeit". Andere Installationen zeigen in verfremdeter Form antijüdische Vorurteile aus verschiedenen Zeitepochen und vermitteln eine Ahnung von Bedrohung und Verfolgung. Am Ende wird ein Ausblick auf das gegenwärtige Gemeindeleben und seine Entwicklung seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nachgezeichnet.
Begleitet wird die Präsentation von einem 176seitigen, reich bebilderten Katalog. Er ist für 28 Mark im Museumsshop erhältlich. Die Ausstellung im Stadtmuseum in der Salzstraße 28 ist bis zum 14. November von dienstags bis donnerstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.