Der Gesetzgeber stellt das Wohl des Kindes, seine Entwicklung und Erziehung an die erste Stelle. Wenn die Eltern sich trennen oder scheiden lassen, soll seine Beziehung zur Mutter und zum Vater darunter so wenig wie irgend möglich leiden. „Ob die Eltern mit oder ohne Trauschein zusammengelebt haben, spielt keine Rolle. Auch in diesem Punkt ändert sich das Kindschaftsrecht grundsätzlich“, so Karl Janssen, Leiter des Amtes für Kinder, Jugendliche und Familien.
Bisher gab es nur bei ehelichen Kindern ein Umgangsrecht für den nichtsorgeberechtigten Elternteil. Bei nichtehelichen Kindern entschied die Mutter über das Umgangsrecht des Vaters. Die Unterscheidung zwischen "ehelich" und "nichtehelich" entfällt zum 1. Juli. Neu ist außerdem: Wenn es dem Wohl des Kindes dient, dürfen Großeltern, Geschwister und Stiefelternteile das Kind ebenfalls besuchen und mit ihm telefonisch und brieflich Kontakt pflegen.
Wann, wie oft und wie lange Besuche stattfinden, regeln die Beteiligten selbst. Im Konfliktfall können sie sich an das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien oder das Amt für soziale Dienste wenden. Auch Kinder und Jugendliche können dort vorstellig werden, wenn ein Elternteil seine Umgangspflicht vernachlässigt. In beiden Fällen muß die Jugendhilfe beraten, schlichten und vermitteln.
Kommt es zu keiner Einigung, kann jeder Elternteil oder das Kind eine Regelung durch das Familiengericht beantragen. Bei diesen Verfahren wird der fachliche Rat der Jugendhilfe in Zukunft voraussichtlich verstärkt gefragt sein. Das gilt vor allem in Fällen, wo zu entscheiden ist, in welchem Umfang ein Ungangsrecht auch im Interesse des Kindes liegt.
Das neue Kindschaftsrecht wirft bei Betroffenen viele Fragen auf. Antworten gibt es bei einer Bürgertelefon-Aktion am Donnerstag, 18. Juni. Von 9 bis 12 Uhr werden zehn Expertinnen und Experten unter der zentralen Nummer 4 92-78 40 Auskunft geben. (Nächste Folge: „Unterhalt und Beistandschaft - was leistet das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien?“)