Eigentlich ist sie nur durch einen Zufall an das Amt gekommen. Ein Bekannter hatte sie auf diese Tätigkeit aufmerksam gemacht und sie bei der Bezirksvertretung Nord als Schiedsfrau empfohlen. "Ich fand für mich keinen plausiblen Grund, die Aufgabe abzulehnen", erzählt Christiane Grutzpalk. Seit dieser Zeit hat sie über 120 Anträge von zerstrittenen Menschen erhalten, die ihren Streit mit Hilfe einer unabhängigen Schiedsperson lösen und sich damit eine teure und aufwendige gerichtliche Auseinandersetzung ersparen wollten. In etwa der Hälfte der Fälle kam es zu einem Treffen zwischen Kläger und Beschuldigtem im Hause der Schiedsfrau.
"In den meisten Auseinandersetzungen geht es um Beleidigung, Körperverletzung, Ruhestörung und Hausfriedensbruch", so Christiane Grutzpalk. Der so oft als Paradebeispiel des kleinen Ärgers zwischen Nachbarn angesehene Grenzstreit - beispielsweise der überhängende Apfelbaum - sei eher die Ausnahme in ihrem Bezirk. "Derartige Fälle hatte ich bislang nur dreimal zu verhandeln". Im Büro von Christiane Grutzpalk haben die Zankhähne Gelegenheit, ihre Positionen in Ruhe und in aller Ausführlichkeit zu erläutern. Die Schiedsfrau hört sich die Argumente gut an und versucht bestehende Spannungen im Gespräch nach und nach abzubauen, um eine gemeinsame und für beide Parteien akzeptable Lösung zu finden. Diese wird am Ende des Schiedstermin dann mit der Unterschrift der Beteiligten rechtskräftig besiegelt.
"Besonders schön ist es, wenn sich die Zerstrittenen am Ende des Gesprächs die Hand reichen und sich entschuldigen", erzählt die 63-jährige Schiedsfrau aus Kinderhaus. Was reizt sie an der Aufgabe, Streithähne zu einem sachlichen und ruhigen Gespräch zu bewegen? "Man lernt sehr viele unterschiedliche Menschen mit ihren Problemen kennen", so Christiane Grutzpalk. "Darüber hinaus gewährt die Tätigkeit auch Einblicke in die Rechtswissenschaft". In erster Linie sollen sich die derzeit 16 Schiedsfrauen und -männer in Münster jedoch auf ihren Menschenverstand verlassen. Unter dem Motto "Sich vertragen ist besser als klagen" tragen sie dazu bei, dass nicht jeder kleine Ärger vor dem Gericht endet und damit das möglicherweise vorher bestehende nachbarschaftliche Verhältnis endgültig zerstört ist.
Das städtische Rechtsamt sucht zur Zeit Bewerberinnen und Bewerber für das Amt der stellvertretenden Schiedsperson in der Altstadt. Bewerben können sich alle, die Interesse haben, zwischen 30 und 70 Jahren alt sind und in dem jeweiligen Stadtbezirk wohnen. Nähere Auskünfte erteilt Jürgen Holzinger vom Rechtsamt unter der Rufnummer 4 92-30 25.