"Der Theaterneubau in Münster. Kulturpolitische Konflikte 1949 bis 1956" heißt der Beitrag von Volker Resing in der Archivreihe "Kleine Schriften". An Akten, Protokollen und Briefwechseln macht der Autor deutlich, wie langsam das Projekt sich durch die politische Landschaft bewegte. "Vom ersten Neubaubeschluss 1950 bis zur Einweihung vollzieht sich ein Streit, der im kommunalpolitischen Gefüge bis dahin unbekannt war", stellt Volker Resing fest. Für die Herausgeber seines Buches, Franz-Josef Jakobi und Rowitha Link, wird mit diesem dritten Band in der 1997 gegründeten Schriftenreihe ein weiteres wichtiges Thema einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. "Damit können wir stadtgeschichtlich bedeutende Beiträge zeitnah in die Forschungsdiskussion und in die historisch-politische Bildungsarbeit einbringen", so Archivdirektor Jakobi.
"An Gegnern war kein Mangel", fasst Autor Resing in seiner Analyse die lange und leidenschaftliche Auseinandersetzung um Pro und Contra des Neubaus rückblickend zusammen. Einer der beiden gewichtigen Streitpunkte mündete damals in die Formel "Schwimmbad oder Theater". Die knappen Finanzmittel in den Wiederaufbaujahren sollten zum Wohl der Bevölkerung in das Konkurrenzprojekt "Stadtbad" fließen. Doch die Anhänger eines Theaterneubaus gaben nicht nach. Sie mobilisierten nach und nach die breite Öffentlichkeit und rührten unermüdlich die Werbetrommel für die Theateridee. Diese "Bürgerinitiative" machte den Wiederaufbau eines Großen Hauses populär, bis "die politischen Gremien sich schließlich gegen den öffentlichen Druck nicht wehren konnten", so Volker Resing.
Plötzlich gibt es eine massive Unterstützung aus der Bevölkerung. Alle fordern ein Theater, auch jene, die vermutlich nie ein Schauspiel oder eine Oper besuchen wollen. Auf dem Bauplan steht die städtische Identität. Es gilt die Maxime: "Eine Stadt wie Münster braucht ein Theater". Wie die politischen Parteien und Gremien mit dieser Entwicklung umgehen, ist in dem reich bebilderten Band detailliert nachzulesen.
Den Streit um die Architektur - damals der zweite große Kritikpunkt - lagerten die Stadtväter schlichtweg aus. Historischer Wiederaufbau Münsters und dennoch ein derart moderner Bau? - dieser Konflikt sollte nicht in der lokalen Politik ausgetragen werden. Eine außerstädtische Gutachterkommission entscheidet sich für den eigenwilligen, mit historischen Bautraditionen brechenden Entwurf der Architektengruppe Deilmann, von Hausen, Rave, Ruhnau. Alle internen und verdeckten Widerstände werden ignoriert, ohne Diskussion segnet der Rat der Stadt das Projekt ab. Der Außenseiterentwurf wird gebaut, der "befreiende Donnerschlag" in der Architektur ...
Volker Resing: Der Theaterneubau in Münster. Kulturpolitische Konflikte 1949 - 1956. Kleine Schriften aus dem Stadtarchiv Münser. Band 3. HG. Stadtarchiv Münster Franz-Josef Jakobi und Roswitha Link. Verlag Regensberg Münster, 1999. 24 Mark