10.03.2000

Architektur begreifen - Literatur erfassen / Das Rüschhaus mit neuen Angeboten

Führung für Sehbehinderte und Erblindete / Schüler auf den Spuren der "Judenbuche"

(SMS) Auch wenn der Garten noch kahl ist und die Putten in ihren winterlichen Schutzhäuschen verweilen - bei trockenem Wetter ist das Rüschhaus stets Anziehungspunkt für Spaziergänger und Radfahrer. Seit Anfang März ist ein Ausflug noch lohnender, denn der langjährige Wohnsitz der Annette von Droste-Hülshoff hat nach der Pause seine Pforten wieder geöffnet. Mit zwei besonderen Angeboten bereichert das Stadtmuseum, bei dem die wissenschaftliche Begleitung des barocken Kleinodes liegt, in der neuen Saison das Rüschhaus-Programm: Neu sind ein spezieller Rundgang für Sehbehinderte und erblindete Menschen sowie eine literarisch-historische Führung für Schulkassen zum Thema "Das Rüschhaus als Schreibort der ‘Judenbuche’".

Unverändert im Programm bleiben die bewährten Rüschhaus-Führungen. Täglich außer montags gibt es diese Rundgänge um 11, 12, 14 und 15 Uhr. Ab Mai, dem Beginn der Hochsaison, vormittags um 10, 11 und 12 Uhr, nachmittags von 14.30 bis 16.30 Uhr dann jeweils halbstündlich.

Eigens an Schulklassen richtet sich die neue Führung zur Droste-Novelle "Die Judenbuche". Sie wurde von der Annette von Droste-Gesellschaft bei einem fachdidaktischen Kolloquium erarbeitet. An einem topographischen Modell und einer Landkarte können die Schüler dem Verbrechen an dem Juden Soistmann Berend im Paderborner Land nachspüren, von dem die junge Droste bei einem Verwandtenbesuch erfuhr. Die Schüler sollten die Erzählung bereits kennen, denn bei der Führung wird der historische Stoff und die dichterische Bearbeitung thematisiert. Der Rundgang durch die Räume, in denen die Schriftstellerin ihren berühmten Text schuf, vermittelt nicht nur lebendigen Einblick in das Leben der Adligen, sondern auch ein Gefühl für die Epoche und die Lebensumstände um 1800. Textrezitationen helfen, den Eindruck zu vertiefen. Zwar ist dieses Angebot auf ein junges Publikum zugeschnitten, kann aber auch von interessierten Erwachsenengruppen gebucht werden.

An blinde und sehbehinderte Menschen wendet sich die Führung "Architektur begreifen - Literatur erfassen. Mit den Fingerspitzen auf den Spuren von Johann Conrad Schlaun und Annette von Droste-Hülshoff". Hier geht es darum, die Architektur und die besondere Atmosphäre des von Garten und Wasser umgebenen Hauses auch ohne Sehkraft erfahrbar zu machen. Erarbeitet wurde dieses Angebot von Dr. Anette Wohlgemuth, einer langjährigen Mitarbeiterin des Rüschhauses. An Modellen und ausgewählten Gebäudestellen lassen sich barocke Charakteristika und Besonderheiten des Schlaunschen Baustils "begreifen". Die Gesichtszüge der Dichterin sind an einer Büste ertastbar. Im "Schneckenhäuschen", dem Wohn- und Arbeitszimmer der Droste, werden ihre Person und ihr Werk durch ausgewählte Rezitationen aus Gedichten und Briefen lebendig. Ab April wird diese Führung angeboten. Informationen und Buchungen im Rüschhaus unter Telefon 0 25 33 / 13 17.