"Selbst Kommunen, von denen man erwarten könnte, daß sie Sonderinteressen verfolgen oder auf eines der in Aussicht gestellten Dienstleistungszentren spekulieren, lehnen das Vorgehen der Landesregierung ab", stellt Oberbürgermeisterin Tüns fest. Das gelte sogar für den Landesteil Lippe.
Er teile in allen Punkten die Einschätzung Münsters, antwortete zum Beispiel Hamms Oberbürgermeister Jürgen Wieland. Dazu verweist er auf eine einstimmige Resolution des Rates der Stadt Hamm. Dieser appellierte an die Landesregierung, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) "als gewachsene Klammer Westfalens zu respektieren und ihn als Bestandteil des Reformmodells zur professionellen und kostengünstigen Wahrnehmung kommunaler Aufgaben fortzuentwickeln".
Genauso sieht es Recklinghausens Bürgermeister Peter Borggraefe. "Ich habe bisher keinen Hehl aus meiner Auffassung gemacht, daß ich die Auflösung der Landschaftsverbände nicht für richtig halte, und ich werde auch bei dieser Auffassung bleiben." Er betrachte den LWL "als wesentliches Bindeglied zur Herstellung und Bewahrung einer westfälischen Identität".
Vor allem wegen der beabsichtigten Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen und der damit verbundenen zusätzlichen Belastungen "sind wir alle gehalten, den Bestrebungen des Landes im Interesse unserer Städte entgegenzuwirken", betont Marls Bürgermeister Dr. Ortlieb Fliedner.
Selbst die diplomatische Wortwahl einer Resolution des Rates der Stadt Herne zeigt handfeste Bedenken: Vor einer Entscheidung "müssen für die Umstrukturierung transparente Organisationsstrukturen aufgezeigt werden und eindeutige Angaben zu den Auswirkungen erfolgen", heißt es darin. Der LWL nehme als kommunaler Zweckverband wichtige Dienstleistungsfunktionen wahr. "Die bisher gemachten Erfahrungen und das Prinzip der Lastenverteilung werden positiv bewertet."
Der Hauptausschuß der ostwestfälischen Stadt Minden fordert vor einer Entscheidung "nachvollziehbare Organisations- und Berechnungsmodelle". Es dürfe nicht entschieden werden, "ohne daß nachgewiesen wird, daß es nach der Strukturänderung zu eindeutigen Kosteneinsparungen kommt".
Kreistag und Verwaltung Lippes fordern "in keiner Weise" die Auflösung der Landschaftsverbände, stellt Oberkreisdirektor Dr. Helmut Kauther in seinem Schreiben an Oberbürgermeisterin Tüns klar. Das zeigt auch ein Brief, den er gemeinsam mit dem Landrat und dem Vorsteher des Landesverbandes Lippe an Ministerpräsident Clement geschickt hat. Dank der Zusammenarbeit zwischen LWL und dem ehemaligen Land Lippe sei Lippe zur "hochentwickelten Kulturlandschaft" geworden, belegen sie an zahlreichen Beispielen. Selbst mit einem Dienstleistungszentrum in Ostwestfalen-Lippe sei eine solche Förderung nicht mehr durchsetzbar. Deshalb bitten sie den Ministerpräsidenten "eindringlich", "die Landschaftsverbände zu erhalten und dadurch auch die lippischen Interessen zu sichern".