"Angesichts der hohen historischen und gesellschaftspolitischen Bedeutung und Sensibilität des Aufgabenfeldes erklärt sich die Stadt Münster zur finanziellen und personellen Absicherung der Villa ten Hompel bereit", sagte der Verwaltungschef. "Sie genießt schon jetzt weit über die Grenzen des Oberzentrums hinaus hohe öffentliche Aufmerksamkeit und große Wertschätzung".
Nach nur einem Jahr Ausstellungs- und Seminararbeit sei der Lernort in ein dichtes Netz vielfältiger Kooperationen in Pädagogik, Politik und Wissenschaft eingebunden und habe darüber hinaus in bemerkenswertem Umfang für die inhaltliche Arbeit spenden- und projektbezogene Fördermittel akquiriert. "Nach Prüfung verschiedener Rechtsformen empfiehlt die Stadt eine selbstständige Stiftung als sinnvollen Träger für eine lokal verwurzelte und überregional positionierte Einrichtung", führte Dr. Tillmann weiter aus. Für ein geordnetes Übergangsverfahren geht die Stadt von fünf Jahren aus.
Die Villa ten Hompel, in den Jahren 1940 - 1944 Sitz der Ordnungspolizei, erforscht Täterhandeln von Polizei und Verwaltung im NS-Regime und die Nachwirkungen auf Entwicklungen und Strukturen nach 1945. "In der Bundesrepublik gibt es kein vergleichbares Projekt", betonte Kulturdezernentin Helga Boldt das spezifische fachliche und didaktische Profil des Drei-Säulen-Modells Erinnern, Forschen, Lernen. Das Haus mit Ausstellungen, Seminar- und Tagungsbetrieb, Projekttagen und "Mittwochsgesprächen" biete vielfältige Möglichkeiten der intergenerativen Begegnung und einer zeitgemäßen Spurensuche.
Nach nur einem Jahr, offizielle Eröffnung war am 13. Dezember 1999, hat der Geschichtsort einen breiten Adressatenkreis erreicht - historisch interessierte Einzelbesucher und Schulklassen ebenso wie Auszubildende aus Verwaltung, Bank- und Assekuranzgewerbe und den Polizeipräsidien NRW. Über 6000 Personen sahen die Sonderausstellungen, in über 160 Führungen lernten Besuchergruppen das Haus kennen. 40 Seminare richteten sich an Erwachsene, noch einmal 20 Workshops an Schulklassen. Von besonderer Bedeutung sind die gemeinsam mit dem Franz-Hitze-Haus entwickelten mehrtägigen Gedenkstättenfahrten.
Enge Zusammenabeit mit Polizeifortbildungsinstitut
Ein Netzwerk von Kooperationen wächst auch im Bereich Aus- und Fortbildung. Westfälisches Studieninstitut, Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Fachhochschule für Finanzen, das Deutsch-Niederländische Korps und andere nutzten die Bildungsangebote der Einrichtung am Kaiser-Wilhelm-Ring. "Besonders fortgeschritten ist die Zusammenarbeit mit dem Polizeifortbildungsinstitut ‚Carl Severing'", erläuterte Dr. Alfons Kenkmann, Geschäftsführer der Villa ten Hompel. Ein Beispiel: Die Aufnahme eines Seminars zur Geschichte des Rechtsextremismus in das Fortbildungsprogramm für Polizeibeamte in Nordrhein-Westfalen mit der Teilnahme aller Gruppen-, Zug- und Hundertschaftsführer der Bereitschaftspolizei.
Kurz vor dem Abschluss steht die vom Finanzministerium des Landes in Auftrag gegebene didaktische Mappe "Ausgrenzung und wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die Finanzbehörden". Sie wird zukünftig Unterrichtsinhalt in der Finanzschule in Haan und in der Fachhochschule für Finanzen in Nordkirchen sein.
Ethik von Verwaltungshandeln
Zu den Hauptzielen der nächsten Jahre gehört die Entwicklung des Moduls "Ethik von Verwaltungshandeln". Es soll Bestandteil von Ausbildungslehrplänen von Versicherungs-, Verwaltungs- und Polizeiberufen werden. Fachliche Beratung leistet nach wie vor der mit namhaften Experten aus ganz Deutschland besetzte Wissenschaftliche Beirat.
Dauerausstellung
In den Mittelpunkt der Arbeit in den kommenden Monaten rückt die Planung und Umsetzung der Dauerausstellung "Im Auftrag. Ordnungspolizei in Rheinland und Westfalen 1936 bis 1945". Bundespräsident Rau wird diese umfangreiche geschichtsdidaktische aufbereitete Präsentation am 7. Mai 2001 eröffnen - in einem Lern- und Geschichtsort, dem von der Bundesregierung inzwischen "gesamtstaatliche Bedeutung" beigemessen wird.