"Flüchtling sein bedeutet zunächst einmal, dass der Lebensrhythmus vollkommen aus den Fugen geraten ist", so Jochen Köhnke. Wie sollte es auch anders sein ohne Arbeit, ohne Rückhalt und Verpflichtung durch gewachsene Nachbarschaften, Bekannte und Verwandte? Bringe man diese hilfesuchenden Menschen mit ihrem meist fremden kulturellen Hintergrund in "Massenquartieren" unter, seien Konflikte mit deutschen Nachbarn programmiert.
"Es ist nur konsequent, wenn Münster Flüchtlingen grundsätzlich die Chance geben wird, an Integrationsmaßnahmen teilzunehmen", so Dezernent Köhnke. Das gelte für den Besuch von Sprachkursen, für das Kennenlernen der gesellschaftlichen Ordnung und ihrer Regeln, von Erwartungen und Ansprüchen. Das gelte ebenso für die vielen Flüchtlingen immer noch versagte Arbeitserlaubnis und die Einbeziehung in die Strukturen von Stadtteilen und Hausgemeinschaften.
Ansätze von Gettobildung in einzelnen Stadtteilen will Münster sich und den Flüchtlingen in Zukunft ersparen. Alle Stadtbezirke werden ihren Anteil zur Integration leisten. Mit Übergangseinrichtungen für jeweils höchstens 55 Personen wird jedoch kein Stadtteil überfordert. Das bedeutet: Für entfallende alte Einrichtungen werden im Lauf der nächsten Jahre neue, kleinere Unterkünfte geschaffen, wobei die Gesamtzahl der Plätze nicht steigt.
Für ein konfliktfreies Miteinander von Bewohnern und Nachbarn der Unterkünfte sollen jeweils bereits vor der Belegung Strukturen und Spielregeln geschaffen werden. Ansätze für ein solches Verfahren gab es seinerzeit schon bei der Unterbringung von bosnischen Flüchtlingen. Für Jochen Köhnke kommen dafür Patenschaften infrage. "Zumindest brauchen wir Formen des Austauschs, in denen auch Probleme so frühzeitig benannt werden, dass sie gar nicht erst zu Konflikten eskalieren."
Kleinere Übergangseinrichtungen sind übrigens nicht nur sinnvoll unter dem Gesichtspunkt der Integration. "Die Stadt spart damit auch Kosten", so der Flüchtlingsdezernent. Große Unterkünfte seien wegen der hohen Instandhaltungskosten vergleichsweise kostspieliger. Ein Grund: Wer in einer überschaubaren Einrichtung lebe, zeige erfahrungsgemäß mehr Eigenverantwortung. Eine Ratsvorlage zu künftigen Übergangseinrichtungen werde voraussichtlich im März zur Beratung in den parlamentarischen Gremien vorliegen.