Als Gisela Schwarze Ende letzten Jahres für ihr ambitioniertes Vorhaben die Stadt um Unterstützung bat, zögerte Schul- und Kulturdezernentin Helga Boldt keine Sekunde: "Diese Vorträge passen ausgezeichnet zu den Aktivitäten der Stadt Münster gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, die im Gesamtrahmen der Aktionen des Landes stehen". Sie dienen auch der Vorbereitung auf den Besuch ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Münster. Diese Besuche - erste Gäste aus Russland, Weißrussland und der Ukraine möchte die Stadt noch in diesem Jahr willkommen heißen - sind Teil des vor wenigen Wochen vom Rat der Stadt Münster beschlossenen Projektes "Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Münster während des Zweiten Weltkriegs".
Das Stadtarchiv informierte die weiterführenden Schulen in Münster über das Vortrags- und Gesprächsangebot von Gisela Schwarze. "Alle Schulformen eignen sich mit den Klassen 9 bis 13 für diese Unterrichtsbesuche", so Roswitha Link, Referentin für historische Bildungsarbeit im Stadtarchiv. Voraussetzung ist, dass die NS-Zeit bereits im Unterricht behandelt worden ist, so wie die Richtlinien sämtlicher Schulformen dies ohnehin vorsehen. Zwei Schulstunden steht Gisela Schwarze den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung, nimmt sich viel Zeit für Nachfragen und Diskussionen.
Gegen Vergessen – Für Demokratie
In ihrer Funktion als Regionalsprecherin für den Verein "Gegen Vergessen – Für Demokratie" überlegte die ehemalige Pädagogin Schwarze schon seit geraumer Zeit, wie sie gerade Schülerinnen und Schüler für das Thema sensibilisieren könnte. Vor allem durch ihre Korrespondenz mit ehemaligen Zwangsarbeitern, die in den Kriegsjahren als Jugendliche nach Münster zwangsverschleppt waren und hier ein erbärmliches Dasein fristeten, kam ihr die Idee, Jugendliche von heute mit dem Leben der Jugendlichen von damals bekannt zu machen.
Dabei stehen die Jugendlichen aus Ost und West nebeneinander: Die 12-jährigen Ostarbeiterinnen und deportierten Jugendlichen aus der Sowjetunion stehen neben den deutschen Jungen und Mädchen, die als Hitlerjungen und Luftwaffenhelfer sowie als Pflichtjahrmädchen und "Blitzmädel" durch das NS-Regime skrupellos vereinnahmt wurden. Diese Idee war genau richtig. "Ich bin jedesmal wieder überrascht, wie aufmerksam und konzentriert die jungen Menschen den Schilderungen zuhören", resümiert Gisela Schwarze.
Die renommierte Historikerin ist eine ausgezeichnete Kennerin der Materie. Nicht nur, dass sie selbst ihre Kindheit während der NS-Zeit in Münster verbrachte. Vielmehr liegt der Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeiten auf der Kriegs- und Nachkriegszeit. In den letzten Jahren beschäftigte sie sich nahezu ausschließlich mit dem Thema der Zwangsarbeit in Münster und Westfalen.
Interessierte Schulen können sich an das Stadtarchiv, Roswitha Link, wenden, Tel.: 02 51 / 4 92-47 03, E-mail: linkr@stadt-muenster.de oder direkt an Dr. Gisela Schwarze, Fax 5 60 53.