"Ein Geschenk für Münster" - unter diesem Titel stand 1999 eine Ausstellung, in der sich acht bildende Künstlerinnen aus Münster mit dem öffentlichen Raum dieser Stadt auseinandersetzten. Sie formulierten auf Einladung von Frauenbüro und Kulturamt in Kooperation mit dem Arbeitskreis Frauenkultur Münster in ihren Arbeiten ästhetische Positionen, die Strukturen des zeitgenössischen Lebens ausmachen. "Mit dieser Ausstellung wurde die bildende Kunst in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt und damit ein weiterer Aspekt der Kunst von Frauen in Münster sichtbar gemacht", so Andrea Reckfort vom Frauenbüro. Das Projekt habe Kunst von Frauen und ihre Position und Präsenz in der Öffentlichkeit reflektiert. Eines der damals entworfenen Kunstwerke wird nun in der Stadtbücherei, jenem Gebäude, dass sich die Stadt zu ihrem Jubiläum 1993 selbst zum Geschenk machte, zur Verfügung gestellt.
Als damals quasi beschenkte Bürgerin und Künstlerin antwortete Holle Frank beim Ausstellungsprojekt mit einem Gegengeschenk an die Stadt Münster und schuf ein Regal aus Stein - das Objekt "Sommos Borges". Es ist dem argentinischen Schriftsteller und Leiter der Nationalbibliothek in Buenos Aires Jorge Luis Borges (1899-1986) gewidmet, dessen Erzählungen sich wie konzentrische Kreise um das Thema Buch bewegen. Sein bedeutendstes Werk ist "Die Bibliothek von Babel"(1941), das Umberto Eccos mittelalterlicher Klosterbibliothek im Roman "Der Name der Rose" als Vorlage diente.
Die Stadtbücherei ziert nun ein leeres, steinernes Regal, auf dessen Außenwänden der Name Jorge Luis Borges zu lesen ist. Auf der Innenseite steht in Augenhöhe das Wort "YO" (ich), das sich auf ein Gedicht des Poeten bezieht. Ein Regal, dessen Leere auffordert, Fiktion und Realität neu zu verknüpfen und so auch als Hommage an einen großen Dichter der Gegenwart zu verstehen ist ...