Das Prinzip der Camera Obscura - seit der Renaissance bekannt und zunächst nur als zeichnerisches Hilfsmittel zur exakten und perspektivisch korrekten Rekonstruktion von Umwelt genutzt - ist so einfach wie bestechend: Tageslicht wird durch ein kleines Loch an der Wand eines abgedunkelten Kastens gebündelt und bildet seitenverkehrt und auf den Kopf gestellt die Umwelt außerhalb des Kastens auf einer im Inneren dafür bereitgestellten Fläche ab. Bereits das 19.Jahrhundert nutzte dieses Prinzip für große Schau-Dioramen und schuf damit als Vorläufer des Kinos zusammen mit den Panoramen das erste Großbild-Massenmedium. Und auch heute findet das Verfahren nicht zuletzt in der Fotografie tagtäglich tausendfache Anwendung.
Doch im Gegensatz zur langläufigen Verwendung ist es nicht das Ziel von Stefan Silies, Student in der Film- und Medienklasse von Professor Andreas Köpnick, ein möglichst genaues Abbild des Umfeldes vom Wewerka-Pavillon zu erzeugen. Ihm geht es um ein eigenständiges Bild, das durch die Komposition mit einer Vielzahl von Projektionen erzeugt wird. Eine größere Anzahl an okularartigen Löchern - die zugleich als Gucklöcher für die Betrachtung der Arbeit dienen -, ausgestattet mit zum Teil unterschiedlichen Linsenvorsätzen erzeugen ein eigenständiges Panoptikum, das sich aus optischen Bruchstücken des Umfeldes vom Wewerka-Pavillon zusammensetzt.
Zwei große Ballons schweben im Inneren des fast dunklen Pavillons. Wie Planeten wirken die kugelförmigen Projektionsflächen, auf denen sich durch die große Anzahl der Projektionslöcher unterschiedlichste Bilder ablichten; Aufgrund ihrer ständigen leichten Bewegung entsteht - vorausgesetzt die Sonne scheint - ein sich immer wieder neu zusammensetzendes bewegtes Abbild des Aaseeparks, jedoch in kalkulierter Verzerrung, wechselnder Schärfe, dynamischer Überlagerung. Und vergleichbar mit der Vorstellung, die Science-Fiction-Filme oder Teleskope von fernen Gestirnen im All liefern, bestehen auch die bizarren Sternen-Bilder im Dunkel des Wewerka-Pavillons im wörtlichen Sinn nur aus Projektionen der eigenen Umwelt, sind ein virtuelles, aber durch Menschenhand initiiertes und gestaltetes Spiegelbild der hiesigen Welt, eine künstlerische Utopie.