Herausgeber dieses neuen Bildungsbausteins ist der Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster in Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion Münster. Basis für das 100 Seiten umfassende pädagogisch-didaktische Werk - finanziell unterstützt vom NRW-Finanzministerium - bilden Quellen und Dokumente der gleichnamigen Wanderausstellung. Die Präsentation, die bis Ende 2003 ausgebucht ist und demnächst auch im Bundesfinanzministerium in Berlin Station macht, thematisiert den Anteil von Behörden und Beamten am Terror des "Dritten Reiches".
"Beamte reihen sich ein", "Bürokratische Schikane und finanzielle Auspressung", "Wirtschaftliche Verwertung des jüdischen Vermögens durch die Finanzverwaltung" sind einige der Seminareinheiten überschrieben. Autorin und Historikerin Sabine Mecking unterstreicht durch Berichte von Zeitzeugen, Auszügen aus Akten, durch Gesetzestexte und Verordnungen aus dem Beamten- und Steuerrecht das funktionierende Zusammenspiel von Erfassung, Kontrolle und Ausbeutung. Dr. Alfons Kenkmann, Leiter der Villa ten Hompel: "An den Dokumenten ist ablesbar, dass es sich bei der wirtschaftlichen Ausplünderung der Juden um ein ‚vergesellschaftetes‘ System handelte. Mit einem reibungslosen Netzwerk zwischen Finanzbehörden, Banken, Polizei, Versicherungen".
Die Auszubildenden der Fachhochschule, so die Vereinbarungen mit dem Leiter, Franz-Josef Flacke, und dem Fachbereichsleiter für öffentliches Recht, Prof. Dr. Heribert Kemper, haben die Wahl aus zwei Seminarangeboten. In einer vier Stunden umfassenden Studieneinheit geht es um Basiswissen zur Rolle der Finanzverwaltung zwischen 1933 bis 1945. Vertiefende Informationen vermittelt hingegen das 14-stündige Seminar. Es gibt detaillierten Einblick in das System der Juden- und Zigeunerverfolgung im Dritten Reich am Beispiel der Finanzbehörden und erstreckt sich auch auf die Jahre nach 1945. Wie gingen die Behörden mit der Rückerstattung des zu Unrecht eingezogenen Vermögens nach 1945 um?, lautet hier eine der Kernfragen.
Die Seminare konzentrieren sich nicht allein auf die Finanzverwaltungen. Prof. Dr. Kemper: "Sie waren ein Zahnrad im arbeitsteilig organisierten Gefüge. In dem Räderwerk von Steuer-, Zoll-, Polizeibehörden und Privatunternehmen agierte aktiv auch die Steuerverwaltung im nationalsozialistischen Deutschland". Seminarbestandteil wird daher auch der Besuch der Dauerausstellung "Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung" in der Villa ten Hompel sein, die eben diese Zusammenarbeit am Beispiel der uniformierten Polizei anschaulich macht.
"Für den Geschichtsort Villa ten Hompel ist die erfolgreiche Kooperation mit der Oberfinanzdirektion Münster und der Fachhochschule für Finanzen NRW der Beweis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Bereich der Aus- und Fortbildung", betont Alfons Kenkmann. Die pädagogische Mappe ist der erste Band in der von Kenkmann für die Stadt Münster herausgegebenen Reihe "Didaktische Bausteine". Weitere, so kündigt der Historiker an, sollen folgen. In Arbeit sind schon didaktische Mappen zur Geschichte der uniformierten Polizei im Dritten Reich und zum Thema "Zwangsarbeiter". Dr. Kenkmann: "Mit diesen Bildungsbausteinen hoffen wir für nachwachsende Generationen in Polizei und Verwaltung unverzichtbares Orientierungswissen zur Geschichte der eigenen Berufe zu geben".
"Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden". Didaktische Mappe von Sabine Mecking. Herausgeber: Geschichtsort Villa ten Hompel in Kooperation mit der Oberfinanzdirektion Münster; Selbstverlag, 2001, ISBN-Nr. 3-935811-00-4