In 210 telefonischen Interviews gaben Eigentümer und Geschäftsführer von Betrieben mit bis zu 500 Beschäftigten dem Institut "infas" Auskunft zum Dienstleister Verwaltung. Die kleine Eisdiele war ebenso darunter wie das Krankenhaus, die Zahnarztpraxis wie der Baustoffhandel oder die Gaststätte. Deren Meinung bildet nun Grundlage und Startschuss für das Landesprojekt "Mittelstandsfreundliche Verwaltung NRW", an dem die Stadt Münster als eine von elf ausgesuchten Modellkommunen teilnimmt.
Acht Millonen Euro für die Modellstädte
Mit insgesamt acht Millionen Euro ist das auf drei Jahre angelegte NRW-Projekt ausgestattet. "Wir nutzen es für die Entwicklung und Erprobung neuer Instrumente für mittelstandsorientiertes Verwaltungshandeln", kündigt Stadtdirektor Horst Freye an. Denkbar seien Verfahren, führte der Wirtschaftsdezernent weiter aus, mit denen Münsters Verwaltung quer über Dezernate und Ämtergrenzen hinweg ihre Kundenorientierung weiter optimiere. "Münsters Wirtschaftsstruktur ist extrem mittelständisch geprägt - 90 Prozent aller Betriebe haben weniger als 50 Beschäftigte", so Horst Freye.
"Für die befragten Unternehmen ist das Thema ‚mittelstandsfreundliche Verwaltung‘ von erheblicher Bedeutung", betont Dr. Annemarie Janetzki. "Immerhin hatten über 60 Prozent der Befragten in den letzten drei Jahren bis zu vier Mal Kontakt zur Verwaltung - und das bei ganz unterschiedlichen Anlässen", zitiert sie ein Untersuchungsergebnis. Auch sei für die Befragten der Verwaltungskontakt zukünftig wichtig: "Rund ein Drittel der Befragten plant in absehbarer Zeit Erweiterungen oder Verlagerungen des Standortes". Darüber hinaus sei das ausgesprochen hohe Interesse an dem Projekt Indiz: "58 Prozent der Betriebe möchten gerne weiter informiert werden", hält die Leiterin der Wirtschaftsförderung fest.
Bauvorhaben wichtigster Anlass
Bauvorhaben waren für Unternehmen der bedeutendste Anlass für Verwaltungskontakte, gefolgt von den Bereichen Gewerbeflächen / Immobilien sowie Unternehmen in der Rolle als "Auftraggeber der Kommunen" und dem Komplex Genehmigungen / Bescheide / Kontrollen. Auffällig dabei die münsterschen Kommunikationswege: Der Mittelstand bezvorzugt hier mehr als im NRW-Vergleich neue Medien und das Telefon anstelle von persönlichen Kontakten.
Für die Gesamtzufriedenheit mit der "Bearbeitung des wichtigsten Anliegens" wird in der Umfrage die Durchschnittsnote 3,1 vergeben. Damit erreicht Münster in der Auswertung einen mittleren Wert, wird am Ende aber besser beurteilt als der Durchschnitt der anderen ausgewählten Städte und Kreise Nordrhein-Westfalens (Gesamtwertung 3,3.). 40 Prozent der in Münster von infas interviewten Firmen ziehen dabei mit "gut" und "sehr gut" sogar die Bestnoten. 21 Prozent indes sind unzufrieden und werten mit fünf und sechs.
Thomas Brühmann, Wirtschaftsförderung Münster: "Firmen, die kontinuierlich von einem Ansprechpartner oder einer festen Dienststelle betreut werden, äußern sich insgesamt erheblich zufriedener (Note 3,0 zu Note 3,9)." Eine größere Zustimmung bestehe auch im Bereich Gewerbean- oder Abmeldungen (Note 2,6) und bei der Kommune als Auftraggeber der Unternehmen (Note 2,9).
Fest umrissen scheint der Handlungsbedarf - die Unternehmen in Münster formulieren differenzierte Erwartungen an die Dienstleistungqualität der Verwaltung. Der "Kunde Mittelstand" wünscht sich laut Umfrageauswertung, dass er Entscheidungen nachvollziehen kann. Er möchte sein Anliegen schnell bearbeitet wissen, favorisiert die Übernahme einer Gesamtverantwortung in der Verwaltung, freut sich über Eigeninitiative des Fachbereichs bei der Bearbeitung seines Anliegens und wünscht sich Verständnis für die Bedürfnisse seines Unternehmens.
Projektbeirat
"Auf diesem umfassenden Abbild der Wünsche und Erwartungen der Firmen lässt sich gut aufbauen", urteilt Horst Freye. Wichtig sei im weiteren Projektverlauf der enge Austausch zwischen Verwaltung und Wirtschaft: "Wir haben daher einen Beirat ins Leben gerufen, der das Know how des Mittelstandes einbringt", erläutert der Wirtschaftsdezernent. Neun von 15 Beiratsplätzen aus Verwaltung, Politik, Kammern und Wirtschaft sind mit Vertretern mittelständischer Betriebe praxisnah besetzt. Das Gremium wird in seiner Sitzung am 12. Februar das Meinungsbild der Unternehmen beraten, um daraus innovative Leitprojekte für das Verhältnis Verwaltung und Mittelstand zu entwickeln.