"Das Urteil ist für uns in zweifacher Hinsicht ein Erfolg", findet Manfred Vaupel, der stellvertretende Leiter des Rechtsamtes. "Zunächst hat das Bundesverwaltungsgericht mit der grundsätzlichen Unsicherheit aufgeräumt, ob bei Wahlen nun bestimmte Berufsgruppen für das Ehrenamt herangezogen werden dürfen oder nicht. Damit müssen wir in Zukunft nicht vor jeder Wahl oder Abstimmung jeden möglichen Wahlhelfer und jede Wahlhelferin daraufhin überprüfen, welchen Beruf er oder sie hat. Das erspart uns eine Menge Arbeit und der Stadt einen Batzen Geld." Allein bei der Europawahl 1999 waren 1700 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Einsatz.
Die Berliner Richter entschieden, dass eine Tätigkeit als Berufsrichter keinen wichtigen Grund darstellt, die Heranziehung zum Ehrenamt im Wahlvorstand ablehnen zu können. Denn die Wahrnehmung eines solchen Amtes stelle keine Aufgabe der vollziehenden Gewalt dar. Genauso nämlich hatten die Klägerin und mit ihr fünf weitere Richter aus Münster argumentiert: Nach dem Deutschen Richtergesetz sei ihr, die sie Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt erfülle, eine Aufgabe der vollziehenden Gewalt nicht gestattet.
Nachdem ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht sowie die anschließende Klage vor dem Verwaltungsgericht den Richtern nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatten, hat das Bundesverwaltungsgericht nun letztinstanzlich entschieden. Damit muss der Deutsche Richterbund, der die Klägerin im Verfahren unterstützt hat, seine Rechtsauffassung revidieren und einen Kommentar zum Richtergesetz umschreiben.
Aufatmen können außer der Stadt Münster als wichtigem Gerichtsstandort nun wohl auch die Innenministerien des Landes Nordrhein-Westfalen und des Bundes: Der münstersche Fall hatte in Fachkreisen Sorgen darüber ausgelöst, ob sich die Rekrutierung von ehrenamtlichen Wahlhelfern verkomplizieren würde. In der Regel greifen die Städte und Gemeinden bei Wahlen in erster Linie auf Beamte und Angestellte aus Behörden und öffentlichen Körperschaften zurück. Mögliche Helfer werden zwar in punkto persönliche Integrität überprüft, welchen Beruf jemand hat, war aber bislang nicht geprüft worden.