"20 Sekunden ununterbrochen zu küssen schaffen die wenigsten", stellt der Standesbeamte Norbert Schneider eine der schwierigsten Hürden bei der Internetübertragung klar. Diese Zeit sollten die Paare aber durchhalten, wenn sie wollen, dass der Kuss auch bei denen ankommt, die am Computerbildschirm mitfiebern. Die Webcam im Trausaal überträgt nämlich alle 20 Sekunden Standbilder anstatt bewegter Bilder, welche die meisten Internetverbindungen deutlich überfordern würden. Die Bilder werden anschließend archiviert, dem frisch gebackenen Ehepaar bleibt ein virtuelles "Daumenkino", mit dessen Hilfe die beiden die kostbarsten Momente nach der aufregenden Trauung noch einmal in Ruhe genießen können.
Seit der ersten "Online-Trauung" im März 1999 hat die Nachfrage nach dem Service stetig zugenommen. Ließen sich 1999 insgesamt 149 Paare vor laufender Webcam trauen, waren es im Folgejahr bereits 219 Brautpaare und im vergangenen Jahr 2002 schon 242. Wer sich unter der Adresse www.muenster.de/stadt/standesamt bis zum Archiv durchklickt, findet lustige, lebhafte, rührende und romantische Zeitdokumente mit Baby oder Hund, Sprechblasen aus Pappe und weißem Kleid.
Für Standesamtsleiterin Monika Hochwald hat sich das Angebot, die Trauungen im Internet zu übertragen, in den vergangenen viereinhalb Jahren mehr als bewährt: "In einer Universitätsstadt wie Münster gibt es viele Paare, deren Verwandte und Freunde weit verstreut oder gar in Übersee leben. Für sie ist das Internet das ideale Medium, um die Menschen, die ihnen am Herzen liegen, in der entscheidenden Sekunde live dabei sein lassen zu können. Ich glaube, die Gleichzeitigkeit ist etwas sehr Wichtiges. Toll ist auch die technische Verfügbarkeit. Die steigenden Zugriffszahlen zeigen, dass die Nutzung immer selbstverständlicher wird. Auf jeden Fall werden wir ‚Online-Trauungen‘ ab dem nächsten Jahr auch im neuen Trausaal im Lotharinger Kloster anbieten", verrät sie.