Ebenso wie das Jazzfestival scheint sich auch dieser Konzertabend zu einem Publikumsmagneten zu entwickeln. "Ausverkauft" konnte Fritz Schmücker schon vor den Weihnachtstagen vermelden. "Die Lust auf kreative Musiker aus Europa ist offensichtlich beim Publikum ungebrochen", freut sich der künstlerische Leiter des Internationalen Jazzfestivals.
Deutschlandpremiere
Das Doppelkonzert "Jazz inbetween" - es ist zugleich für Münster Startschuss für das Bewerbungsjahr zur Kulturhauptstadt 2010 - beginnt mit einer Deutschlandpremiere: Das Sextett "Strada" um Henri Texier gibt zum ersten Mal in diesem Land seine künstlerische Visitenkarte ab. Texier gehört zur geschmacksbestimmenden "Upper Class" der französischen Jazz-Szene. Mehr noch: Er ist einer der besten europäischen Bassisten. Fritz Schmücker: "Und stets darauf bedacht, seinen Projekten Form, Inhalt und vor allem viel Seele zu geben".
"Das scheinbar simple Thema eines Stückes mit einem fesselnden Groove zu versehen, es als Basis zu nehmen für virtuose Improvisationen und vielschichtige Klangspektren - das ist hohe Musizierkunst, wie sie der französische Bassist zelebriert", urteilte jüngst das Fachmagazin "Jazz Thing".
Texier ließ sich immer wieder inspirieren von ethnischen Musiken aus Indien, Afrika und vom Balkan. Seine Musik trug maßgeblich dazu bei, dass sich der Jazz europäischer Prägung von der herrschenden amerikanischen Dominanz lösen konnte und mehr und mehr die eigenen Wurzeln aufspürte. Auch mit seinem neuen Sextett mit drei Bläsern - darunter ist sein Sohn Sébastien Texier - dürfte sich der französische Altmeister wieder als Grenzgänger zwischen unterschiedlichen Musikkulturen präsentieren.
Trovesi tanzt auf allen musikalischen Hochzeiten
Gianluigi Trovesi hat Zeit seines Lebens auf allen musikalischen Hochzeiten getanzt. So bekannte der Musiker in einem Interview: "Ich spiele, wie ich esse: Ich knabbere gerne aus allen Tellern". Erste instrumentale Gehversuche unternahm der Sohn eines Mechanikers in der örtlichen Blaskapelle. Mit 16 wurde er auf den Jazz aufmerksam, hörte die Swing-Musik eines Benny Goodman wie die Free-Jazz-Ausbrüche eines Ornette Coleman.
Ob im Italian Instabile Orchestra oder im Castel del Monte"-Projekt (vor fünf Jahren in Münster aufgeführt), ob mit eigenen Gruppen oder als Sideman wie in Enrico Ravas jazzgerecht aufbereiteter Opernmusik - Trovesi ist immer dort, wo sich Folklore, Jazz und liedhafte Melodien einen guten Tag sagen.
Sinnenfreude und engagierter Spieltrieb verbinden sich bei Trovesi mit Elementen der Volksmusik und akademisch geschultem Musizierideal. Fritz Schmücker: "Intellekt und Emotion hat er in Einklang gebracht und so zu einer unverwechselbar eigenständigen Ausdrucksweise gefunden". Sein neues Ensemble "Fugace" folgt ebenso dieser Linie. Das gleichnamige Album erscheint wie eine Art Quintessenz seiner früheren Werke und wurde bereits mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet.
Live-Musik im Theatercafé
Das Doppelkonzert "Jazz Inbetween" beginnt um 18 Uhr im Großen Haus der Städtischen Bühnen. Nur noch mit Glück können Jazzfreunde Restkarten ergattern: Vorbestellte, aber nicht abgeholte Tickets gehen unmittelbar vor Konzertbeginn wieder zurück in den Verkauf. Wie beim Jazzfestival findet der Abend nach Konzertende seinen Abschluss mit Live-Musik im Theatercafé. Die Sängerin Stephanie Kico-Brosius (USA) ist dort mit ihrem Trio zu Gast. Freier Einlass zu diesem Konzert ist ab 22 Uhr.
Foto: Musik mit viel Seele: Bassist Henri Texier. Foto: Matthias Wigger, Abdruck honorarfrei.