Münster (SMS) Von den Versuchen der Nationalsozialisten, die katholischen Jugendverbände einzuschüchtern und gefügig zu machen, handelt der Themenabend im Stadtarchiv. Am Beispiel eines vergessenen Jugendzentrums in den Fuestruper Bergen an der Ems wird die Geschichte der Verbände im Bistum Münster spannend aufbereitet.
Heinz-Ulrich Eggert hat sich mit den Jugendverbänden intensiv beschäftigt. Seine Forschungen sind soeben als Band 13 der Kleinen Schriften aus dem Stadtarchiv erschienen. Sie bringen Licht in das Dunkel einer vergessenen Geschichte, einer Geschichte von jugendbewegtem Aufbruch, nationalsozialistischen Gewalttaten und großen Veränderungsprozessen nach 1945.
Ein Kapitel, das der Autor beim Themenabend aufschlägt, beginnt im Frühjahr 1934. Eine Jungschar der Josefspfarre aus Münster trifft sich in der Fuestruper Natur zum Ferienlager. Drei Erwachsene aus der katholischen Sturmschar betreuen die 45 Jugendlichen. Am Abend eines schönen Tages sitzt die Runde bis Mitternacht am Lagerfeuer. Plötzlich sieht sich ein Teil der Jungengruppe von 30 Hitlerjungen umringt, aggressiv bedrängt und beschuldigt, Fahnen der Hitlerjugend verbrannt zu haben. Beweise finden sich nicht. Am nächsten Morgen erscheinen 60 SA-Männer zur Verstärkung. Die drei katholischen Jugendführer werden in das Polizeigefängnis am Syndikatsplatz in Münster gebracht. Über Tage beteuern sie in Einzelverhören ihre Unschuld. Es vergehen indes Wochen, ehe die unschuldigen Jugendbetreuer wieder auf freien Fuß gesetzt werden.
Diese Verhaftungsaktion und entwürdigende Zurschaustellung im Jahr nach der nationalsozialistischen Machtergreifung sollte, so Autor Eggert, im Kern die gesamte katholische Jugend in Münster treffen. Sie waren dem Regime ein Dorn im Auge. Die Jungen sollten in die Hitlerjugend und unter den ideologischen Einfluss des Nationalsozialismus gebracht werden.
Mauerreste sind heute die letzten Spuren des ehemaligen Landheimes, das ein wichtiger Versammlungsort katholischer Jugendverbände war. Das Gebäude in Fuestrup wurde Ende der 1950er Jahre neu aufgebaut.
Info: Der Themenabend beginnt am Donnerstag, 17. August, um 18 Uhr im Stadtarchiv, An den Speichern 8. Um Anmeldung wird wegen begrenzter Plätze gebeten: E-Mail archiv@stadt-muenster.de oder Telefon 02 51/4 92-47 08, der Eintritt ist frei. Weitere Themen und Termin im Stadtportal unter www.stadt-muenster.de/archiv.
Foto: Uniformierte SA-Männer, Schutzpolizisten und Polizeibeamte in Zivil liefern 1934 drei zu Unrecht verhaftete Jugendführer in das Polizeigefängnis am Syndikatsplatz hinter dem Rathaus in Münster ein. Foto: Bistumsarchiv Münster / Hans Leenen. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.