28.12.1999

30 Jahre Geschichte im Foto erzählt: "Unsere Jahre - Bilder aus Deutschland"

Stadtmuseum Münster würdigt Fotografin Barbara Klemm / Intensität des Augenblicks

(SMS) Kein Winkel der deutschen Gesellschaft, den die Fotografin Barbara Klemm mit ihrer Kamera nicht festgehalten hätte. Ob Staatsmänner wie Willy Brandt oder Leonid Breschnew, ob ostdeutsche Tristesse oder bayerische Stammtisch-Seligkeit, ob ein Kaffeekränzchen im Damenstift oder Hippies der Siebziger - ihre Fotos sind Dokumente der Zeit. Am 27. Dezember feierte Barbara Klemm ihren 60. Geburtstag. Anlass für die Friedrich-Hundt-Gesellschaft, die gebürtige Münsteranerin im Stadtmuseum mit einer Ausstellung (27. Februar bis 25. Juni 2000) zu ehren. Aus Tausenden von Negativen traf Barbara Klemm ihre Auswahl für die Ausstellung "Unsere Jahre. Bilder aus Deutschland 1968 - 1998". Seit nahezu 30 Jahren beobachtet die Redaktionsfotografin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Zeitläufe in beiden deutschen Staaten. Viele ihre Aufnahmen - ausschließlich konzentriert auf Schwarz-Weiß - gehören längst zum kollektiven Gedächtnis. Ihr Foto von dem erschöpften und nachdenklichen Heinrich Böll etwa, der 1983 mit jungen Menschen eine Demonstrationsnacht gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen durchwacht. Oder ihre Aufnahme von Wolf Biermann. Vom Publikum umjubelt, verlässt er am Ende seines legendären Kölner Konzertes 1976 glücklich die Bühne. Noch weiß er nicht, dass die DDR diesen Auftritt zum Anlass für seine Ausbürgerung nehmen wird.

Gleich, welchem Thema sie sich widmet - am Ende sind es immer die Menschen, die im Mittelpunkt ihrer Bilder stehen. "Barbara Klemm hat als Zeitzeugin Augenblicke festgehalten, die in unser Geschichtsbewußtsein eingedrungen sind", so Berthold Socha. "Ihre Aufnahmen erzählen zugleich ihre eigenen Geschichten und nehmen mit der Intensität des erfassten Augenblicks gefangen", fährt der Vorsitzende der Friedrich-Hundt-Gesellschaft fort. Seine Initiative, die Klemm-Ausstellung "Unsere Jahre" zwischen den Stationen im Historischen Museum in Berlin und der Kunsthalle Schirn in Frankfurt nach Münster zu holen, fand im Stadtmuseum sofort Zustimmung: "Die Fotografien von Barbara Klemm sind ein Spiegelbild der jüngsten Zeitgeschichte Deutschlands", so Museumsdirektorin Barbara Rommé.

Barbara Klemm wurde 1939 als einzige der sechs Geschwister 1939 in dieser Stadt geboren. Ihre Mutter - eine Tochter von Lidwine und Franz Clemens Graf von Westphalen zu Fürstenberg - hatte bei Kriegsausbruch kurzzeitig Zuflucht in ihrem Elternhaus im Merfelder Hof gesucht. Die gelernte Atelierfotografin wuchs in Karlsruhe auf und kam 1959 zur FAZ.

Bei seinem Ausstellungsvorhaben wird der Verein zur Förderung der Fotografie maßgeblich von der Kulturstifung der Sparkasse Münster unterstützt. Gleichwohl ist er noch auf der Suche nach weiteren Sponsoren. "Wir freuen uns über jede finanzielle Hilfe", so Berthold Socha.