09.12.1999

Weltweit größte Sammlung von Fürstenberg-Porzellantafeln in Münster

Stadtmuseum gelingt Ankauf aus den Sammlungen Plettenberg und Ketteler / Gotische Elfenbein-Reliefs aus Paris / Unterstützung durch Kulturstiftungen

(SMS) Bei den Elfenbein-Reliefs bekommen auch der Louvre in Paris oder das Metropolitan Museum in New York glänzende Augen. Und die Porzellantableaus wären eine hoch willkommene Erweiterung der Sammlungen in den großen Kunstgewerbemuseen in Berlin, Dresden, Leipzig oder München. Der Ankauf gelang indes dem Stadtmuseum Münster: Für 800 000 Mark konnte das Stadtmuseum 51 Kunstwerke erwerben - allesamt kostbare Objekte aus dem Besitz der Adelsfamilien Plettenberg und Ketteler. "Damit besitzt das Museum in Münster jetzt weltweit die größte Sammlung von Porzellantäfelchen aus der Fürstenberg-Manufaktur", so Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé vor der Presse.

"Es ist der bedeutendste Einzelankauf in dem 20-jährigen Bestehen des Museums", betonte Kulturdezernentin Helga Boldt mit Blick auf die Porzellantäfelchen der Fürstenberg-Manufaktur aus dem 18. Jahrhundert, gotischen Elfenbeinschnitzereien aus dem Umfeld des Pariser Hofes und Alabaster- und Elfenbeinreliefs aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Möglich wurde dieser Ankauf mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW, des Kulturbeauftragten der Bundesregierung und des Ernst von Siemens-Kunstfonds.

Rar und sehr gesucht

Rar und sehr gesucht - dies gilt insbesondere für die 33 Porzellan-Täfelchen aus der Manufaktur Fürstenberg. "Vielleicht taucht alle fünf Jahre einmal eine Tafel auf einer Auktion auf", unterstreicht Dr. Barbara Rommé den Wert des Ankaufs. Etwa 70 Tafeln - sie sind in den Museen dieser Welt verstreut - kennt die Forschung, 34 davon gehören jetzt dem münsterschen Museum.

Kaum zehn Jahre lang, zwischen 1770 bis 1780, wurden diese herausragenden Zeugnisse der Porzellankunst von der berühmten Manufaktur bei Braunschweig gefertigt. In Auftrag gegeben wurden die 33 Fürstenberg-Tableaus für das 1767 erbaute Schloss Harkotten des Freiherrn von Ketteler bei Füchtorf. Später zierten sie die Wände des Kettelerschen Hofes in Münster an der Königsstraße. Sie zeigen Landschaften oder Tierdarstellungen, darunter Kompositionen nach Radierungen von Pascha Johann Friedrich Weitsch, der als Maler in Fürstenberg tätig war. Andere Motive wie die Szenen mit russischen Straßenhändlern entstanden nach Radierungen von Jean-Baptiste Le Prince (1734-1781), einem Schüler des auch von Madame Pompadour hoch geschätzten Francois Boucher (1703-1750).

Die Tableaus sind in zweier, vierer oder sechser Gruppen arrangiert. Ein weiteres Täfelchen aus der Manufaktur Volkstedt bei Thüringen ergänzt den Erwerb, der auch anschaulicher Beleg für die hohe Ausstattungsqualität der im Zweiten Weltkrieg zerstörten münsterscher Adelshöfe ist.

Erlesenes vom französischen Hof

Als herausragende Beispiele für die höfisch geprägte Elfenbeinschnitzkunst der französischen Hauptstadt gelten die drei gotischen Elfenbeinreliefs. Vermutlich entstanden sie, so sagen die Experten, um 1300 in den Pariser Werkstätten. Von feinster Qualität ist das Diptychon mit Kreuzigung und Marienkrönung ebenso wie das dritte Relief, das ebenfalls die Kreuzigung abbildet. Neben Alabasterreliefs aus Mechelen (16. Jahrhundert) komplettieren sechs weitere Kunstwerke aus Elfenbein den münsterschen Ankauf. Sie zeigen Szenen aus dem Leben Christi und stammen aus dem Münchner Werkstattkreis des Dominikus Stainhart (1675-1712) und Matthias Loth (1675-1738). Ähnliche Beispiele findet man in der Münchner Residenz.

Sammlungen Plettenberg und Ketteler

Urspüngliche Heimat der Reliefs ist das Schloss Nordkirchen, Sitz derer von Plettenberg. Mitglieder dieser Familie stellten im 17. und 18. Jahrhundert mehrfach die Fürstbischöfe von Münster und Paderborn. Als allmächtiger Staatsminister leitete Ferdinand von Plettenberg (1690-1737) die Geschäfte unter Fürstbischof Clemens August von Bayern. Plettenberg baute die ohnehin schon umfangreiche Sammlung seiner Vorfahren weiter aus. Später gingen große Teile der Plettenberger Sammlung in den Besitz der Familie von Ketteler über. Das Stadtmuseum integriert seine jetzt erworbenen Schätze in seine Schausammlung. Barbara Rommé: "Sie sind eine wertvolle Ergänzung der bisherigen Sammeltätigkeit des Museums und haben im Kabinett ‘Fürstbischof Clemens August von Bayern´ neben anderen herausragenden Beispielen der höfischen Hochkultur jetzt ihren Platz.