Gemälde, Grafiken und Zeichnungen zeichnen in der Ausstellung die persönliche Entwicklung von Ernst Bahn ab 1919 bis zu seinen Arbeiten aus den 60-er und 70-er Jahren nach. Sinnfällig ablesen lassen sich jedoch auch Wandel und Brüche der Kunst im 20. Jahrhundert. "Möglich wurde dieser facettenreiche Überblick durch die großzügige Unterstützung von Helga Bahn", richtete Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé den Dank an die Witwe des Künstlers. Diese überließ dem Stadtmuseum nicht nur den grafischen Nachlass (1989), sondern jetzt zusätzlich auch das zeichnerische Werk.
Ernst Bahn wird 1901 in Bonn geboren, in Koblenz und Köln unter anderem zum Freskomaler ausgebildet. 1922 kommt er nach Münster und wird gleich Mitglied der damals gegründeten Freien Künstlergemeinschaft "Schanze". Das Frühwerk Ernst Bahns trägt - anknüpfend an die moderne Kunst vor dem Ersten Weltkrieg - expressionistische Züge. In den 20-er und frühen 30-er Jahren entstehen Gemälde und Grafiken, die der "Neuen Sachlichkeit" zuzurechnen sind. "Nach 1933 zeigt das Werk Ernst Bahns zwei sehr unterschiedliche Züge", erläutert Dr. Rita Kauder-Steiniger, Kuratorin der Ausstellung. So seien die großen Auftragsarbeiten dieser Jahre mit der Darstellung von heldischen Menschen anschauliche Beispiele für die Indienststellung der Kunst für nationalsozialistische propagandistische Zwecke. "Andererseits vertiefen sich in seinen radierten und gezeichneten Landschaften und in seinen Skizzen von Menschen in dieser Zeit Elemente, die sein ganzes Schaffen durchziehen: die intensive Beobachtung des Formenreichtums der Natur und sein sensibler, manchmal humorvoller Blick für Menschen. Diese Bilder machen deutlich, dass Ernst Bahn nicht bereit war, seine Kunst völlig ‚gleichzuschalten‘", blickt Kauder-Steiniger zurück.
Bahn erhielt von 1927 bis 1934 große Aufträge für Altar- und Wandbilder für Kirchen und Kapellen. Zeitgemäße religiöse Malerei ohne "Zuckerguss" waren für Auftraggeber und Künstler in diesen Jahren durchaus ein Anliegen im katholischen Westfalen. Ernst Bahn malt dichte Szenen mit Gestalten von monumentaler Sachlichkeit, reduziert auf Typenhaftes und Wesentliches. Die Bilder appellieren nicht an eine gefühlsmäßige Glaubenserfahrung, sondern vermitteln Heilsgewissheit. Dem Stadtmuseum ist es gelungen, eines der wandfüllenden Altarbilder Ernst Bahns - es kommt aus der Kapelle des St. Barbara-Krankenhauses in Attendorn - als Leihgabe für die Ausstellung zu gewinnen.
Wahrscheinlich weil sich Ernst Bahn mit seinen Kirchenfresken einen Namen als Wandmaler gemacht hatte, wurde er 1937 mit der Ausmalung der Empfangshalle des neu erbauten Standortlazaretts Münster (heute Universitäts-Hautklinik) beauftragt. Thema der Darstellung waren die "Heilkräfte der Natur". Die Bilder wurden 1945 im Auftrag der englischen Besatzung zerstört. Dr. Rita Kauder-Steiniger: "Anhand von Entwurfszeichnungen und dokumentarischen Fotos aus dem Nachlass Ernst Bahns lässt sich gut erkennen, wie der Künster, vermutlich auf Wunsch seiner Auftraggeber, die dargestellten Menschen immer mehr heroisierte. Er verzichtete etwa auf die Figur eines gebrechlichen Greises, ersetzte diese durch einen weiteren jugendlichen Helden".
Immer stärker faszinieren Ernst Bahn, der lange Jahre auch als Kunsterzieher in Dülmen tätig war, alpine Gletscherlandschaften. Er studiert sie auf Reisen und hält seine Impressionen fest. "Diese in den 60-er und 70-er Jahren entstehenden eindrucksvollen großflächigen Bilder legen ohne dekoratives Beiwerk Umriss, Struktur und Farbe der Bergmassive in unterschiedlichen Lichtsituationen offen und bieten einen ungewohnten, gleichsam analytischen Blick auf diese Landschaften", bilanziert Rita Kauder-Steiniger. "Ernst Bahns Spätwerk konzentriert, was immer wichtiger Teil seines Schaffens war: das Nachspüren und Sichtbarmachen des Formen- und Farbspiels der Natur".
Zur Ausstellung - sie ist bis zum 3. Oktober zu sehen - erscheint eine reich illustrierte Publikation (7,80 Mark).