Münster (SMS) Er fotografierte Präsidenten, Minister und Künstler seines Landes und Karol Wojtyla, den späteren Papst Johannes Paul II. Krzysztof Gieraltowski zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Fotografen Polens, seine Arbeiten sind weltweit in öffentlichen wie privaten Sammlungen zu finden. "Mit Gieraltowskis Blick" - unter diesem Titel steht eine Ausstellung in Münster.
Erarbeitet wurde die Werkschau vom Museum für Fotografie in Krakau. Nach der Ausstellungsstation in den Brandenburgischen Kunstsammlungen in Cottbus, stellen nun das Stadtmuseum Münster und die Friedrich-Hundt-Gesellschaft den Meister der Portraitfotografie vor. Anschließend wird "Mit Gieraltowskis Blick" in St. Petersburg zu sehen sein.
Beispiellos ist der fotografische Grundstock, aus dem die Auswahl getroffen wurde: Die Gieraltowski -Sammlung "Die Polen. Portraits der Gegenwart" umfasst mittlerweile über 80 000 Negative. Stadtmuseumsdirektorin Dr. Barbara Rommé: "In einzigartiger Weise dokumentiert diese Sammlung Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Politik Polens während der vergangenen Jahrzehnte". Aus dieser ‚Portraitgalerie der polnischen Intelligenz‘ entschied man sich in der Ausstellung für 58 Farbportraits aus den letzten acht Jahren und 64 Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Zeitraum 1968-1995.
Zur Portraitfotografie gelangte der 1938 in Warschau geborene Künstler Gieraltowski
durch seine Arbeit bei Zeitschriften, Magazinen und Werbeagenturen. Bis Ende der 1960er Jahre fotografierte er seine Modelle in Schwarzweiß, erst in den 1990er Jahren kommt auch Farbe hinzu. Konsequent seine Konzentration auf das Portrait: "Sein leidenschaftliches Interesse an Menschen führte dazu, dass er sich schon in den 1970er Jahren ausschließlich auf Portraits konzentrierte", erläutert Dr. Barbara Rommé.Und diese eigenwilligen und engagiert konzipierten Aufnahmen von Menschen des öffentlichen Lebens belegen immer wieder neu den unerschöpflichen Ideenreichtum Gieraltowskis. Besonders die experimentierfreudigen Farbaufnahmen wirken dramatisch, manchmal sogar plakativ und fast posterartig. Gieraltowski neigt zur Übertreibung bis hin zur Karikatur.
Der Künstler war von Anfang an wenig daran interessiert, "schöne" Fotos von seinen Modellen zu machen. "Die Fotografien zeigen also weniger, wie die Portraitierten sich selbst gern sehen möchten, sondern repräsentieren vor allem Gieraltowskis Blick auf seine Modelle", betont die Museumschefin.
Gieraltowski versucht, im Bild einzufangen, was die fotografierten Persönlichkeiten - darunter Filmregisseur und Schauspieler Roman Polanski, Literaturnobelpreisträger Czeslaw Milosz, Innenminister Krzysztof Janik und Nationalbankpräsident Leszek Balcerowicz - ausmacht. Ganz unabhängig von ihren Berufen, Interessen oder Bekanntheitsgrad. Um diesen Blick auf die "wahre" Natur der Modelle wirkungsvoll in Szene zu setzen, nutzt Gieraltowski souverän extreme Gestaltungsmittel wie drastisch beschränkte Bildausschnitte und eine dramatische Beleuchtung. Diese Gestaltungsweise prägte sich im Laufe seines Schaffens immer stärker aus und tritt am deutlichsten bei den aktuellen Farbaufnahmen hervor.
"Mit Gieraltowskis Blick" - Fotoausstellung im Stadtmuseum Münster vom 27. Mai bis 29. Juni, Salzstraße 28; Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags / sonntags / feiertags 11 bis 18 Uhr; Eintritt frei.
Fotos:
Krzysztof Gieraltowski - ein Selbstportrait des polnischen Fotografen.
Der Präsident der polnischen Nationalbank, Leszek Balcerowicz. Der Ökonom war zwischen 1989 und 1991 Vizepremier und Finanzminister der ersten nichtkommunistischen Regierung in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieses Amt hatte er noch einmal von 1997 bis 2000 inne.
Tadeusz Kantor (1915-1990) machte sich vor allem als Theaterregisseur einen Namen. Aber er war ein Multitalent und auch als Maler, Bühnenbildner, Schauspieler, Schriftsteller tätig. Mit seinen experimentellen Theaterkonzepten erregte Kantor - 1990 für seine kulturellen Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt - weltweit Aufmerksamkeit.
Der Maler Tadeusz Brzozowski (1918-1987) lehrte an verschiedenen polnischen Hochschulen. Er gehörte zur so genannten ‚Krakauer Gruppe‘, die sich vor allem der abstrakten und surrealistischen Malerei widmete - abseits vom staatlich verordneten Sozialistischen Realismus. 1962 vertrat der Künstler sein Land auf der Wiener Biennale.