"In dem ein halbes Jahrhundert umspannenden, durch eine Vielfalt lyrischer Formen und poetischer Ansätze schreitenden Werk von Miodrag Pavlovic, dem großen alten Mann der serbischen Gegenwartslyrik, ist das vielschichtige Verhältnis von Individuum und Geschichte eine Konstante", so die Jury mit Renate Birkenhauer, Michael Braun, Harald Hartung, Joachim Sartorius und Norbert Wehr.
"In Versen von trockener Musikalität geht Pavlovic, geprägt von den tragischen Konflikten der slawischen Geschichte, illusionslos mit historischen und legendären Personen um, prüft ironisch Stoffe aus der Antike, dem Mittelalter und der Gegenwart und nutzt sie zur Formulierung aktueller Erfahrungen", begründen die Juroren ihre Entscheidung für Miodrag Pavlovic. Es heißt weiter: "Seine Poesie mit ihrer Konzeption von Mythos und Geschichte als Prüfstein dichterischen Sprechens leistet einen bedeutenden Beitrag zur modernen europäischen Dichtung."
1928 in Novi Sad geboren, studierte Pavlovic in Belgrad Medizin. Er arbeitete als Arzt, später als Dramaturg und Lektor. 1952 debütierte er mit dem legendären Band "87 Gedichte", der ihn als radikalen Modernisten bekannt machte. Die Katastrophe seines Landes sah er bereits 1969 in dem visionären Gedichtzyklus "Über ein kleines Volk" voraus. Heute gehört Pavlovic mit einem Oeuvre von über 30 Gedichtbänden in eine Reihe mit Zbigniew Herbert, Czeslaw Milosz, Jan Skácel und Joseph Brodsky. Pavlovic lebt in Belgrad und Tuttlingen.
Mit dem Poesiepreis würdigt die Stadt Münster nicht allein das dichterische Werk, sondern auch dessen eigenständige Übersetzung. Peter Urban, bekannt und gepriesen für seine Übersetzungen russischer Autoren - von Anton Cechov bis Daniil Charms - hat sich seit vielen Jahren für die Durchsetzung des Werks von Miodrag Pavlovic im deutschsprachigen Raum engagiert. In seiner Übertragung erschien bereits 1968 eine erste Auswahl. "Mit dem nun im Suhrkamp Verlag veröffentlichten Sammelband ‚Einzug in Cremona‘ (2002) liegt ein eindrucksvolles Kondensat aus fünfzig Jahren lyrischen Schaffens vor, das Peter Urban mit untrüglichem Sinn für Sprachgestus, Rhythmus und Klangfarbe des Originals einfühlsam in die deutsche Sprache gebracht hat", so die Beschreibung der Jury zu Peter Urban und dessen Übersetzungsleistung.