Das Loch im Fußboden war gewollt. Denn nur auf diesem Wege ließen sich damals die Rollregale, die kostbare Archivalien aufnehmen sollten, in die Kellerräume der im Innern umgebauten Kapelle des Klosters transportieren.
Jetzt steht wieder ein Umzug für das Stadtarchiv an. Im November wird das "Gedächtnis" der Stadt in die so genannte Speicherstadt in Coerde verlagert. "Hier mussten keine ungewöhnlichen Zugänge geschaffen werden. Das Gebäude war sofort leicht zugänglich", beschreibt Dr. Hannes Lambacher, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs, die Ausgangssituation. Eine leere Hülle musste "nur" mit Magazinräumen, Lesesaal und Büros gefüllt werden.
Erste Überlegungen zur Archiverweiterung gab es schon geraume Zeit. Eine Vergrößerung war im Lauf der Jahre immer dringlicher geworden. Es liegt in der Natur eines Archivs, dass es beständig wächst. Und das, was es einmal aufgenommen hat, gibt es im allgemeinen auch nicht wieder her.
Knappes Jahr Bauzeit
Zunächst war an einen Anbau an das Domizil in der Innenstadt gedacht. Anfang 2001 dann eröffnet sich die Möglichkeit, in der Speicherstadt passende Räume zu schaffen. Die Westfälisch-Lippische-Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (WLV) bot in Coerde dreieinhalb Etagen an. Im April wurden die Pläne für das "neue" Stadtarchiv auf den Weg gebracht. Im Juli 2002 stimmte der Rat zu und im Dezember begannen die Arbeiten in der Speicherstadt. Am 22. November kann das Archiv nach knapp einem Jahr Bauzeit seine Pforten für die Öffentlichkeit öffnen.
In dieser Zeit haben Investor, Architekt und künftiger Nutzer regelmäßig getagt, Pläne geändert und angepasst, optimierte Lösungen für die Ausstattung der Magazinräume, der Bibliothek, der Werkstätten, der Seminarräume und Büros gefunden. "Bisher hat es keine Pannen oder gravierende Verzögerungen gegeben", freuen sich Ameling und Lambacher über den zügigen Fortschritt der Arbeiten.
Keine Chance für Feuchtigkeit
Ideale klimatische Verhältnisse in einem Archivmagazin zu erreichen, ist eine entscheidende Herausforderung beim Archivbau. Dies war zunächst auch die große Sorge der Archivarinnen und Archivare. Die Magazine des Stadtarchivs werden im Untergeschoss platziert. Da denkt auch der Laie an Feuchtigkeit. Und die können alte wie neue Akten nicht vertragen. "Auch das Landeskirchliche Archiv Kassel ist mit seinen Magazinen in den Keller gegangen - zweigeschossig. Das Modell wird sehr gelobt", ist Hannes Lambacher längst beruhigt. "Das ideale Klima wird über eine ‚mechanische Klimatisierung‘, in erster Linie Lüften und - wenn nötig - unterstützendes Temperieren, erreicht."
Bauherr WLV verspricht größtmögliche Sicherheit. Im neuen Haus werden alle Versorgungsleitungen um das Gebäude herum geführt", erklärt Lambacher. So werde den besonderen Sicherheitsaspekten für Archivalien Rechnung getragen. Feuchtigkeit oder gar Hochwasser können das Archivgut nicht erreichen.
Konzentrierte Ruhe im Lesesaal
Nicht nur den Archivalien werden ausgezeichnete Bedingungen geboten. Auch die Besucher des Stadtarchivs erwartet ein verbessertes Angebot. Sie finden demnächst gleich im Erdgeschoss einen Nutzersaal mit 15 Leseplätzen vor. Drei der Plätze sind mit Computern ausgestattet, an denen recherchiert und der Bibliothekskatalog eingesehen werden kann. Die klassischen Findbücher befinden sich in Räumen außerhalb des Lesesaals, wo auch die Beratung der Besucher stattfindet. Im Lesesaal kehrt so "wissenschaftliche" Ruhe ein.
Über 2000 Quadratmeter Platz
Zusätzlich gibt es drei Arbeitsplätze mit Lesegeräten, an denen Mikrofilme eingesehen werden können. Alle Arbeitsplätze befinden sich in direkter Nachbarschaft zur Bibliothek. Kurze Wege also für die Gäste eines Stadtarchivs und keine Enge. Im Vergleich zum alten Standort mit drei Gebäuden wächst die Fläche von 1 650 Quadratmetern auf 2 260 Quadratmetern. Allein die Magazinräume vergrößern sich von 470 auf 730 Quadratmeter.
Entsprechend groß ist die Vorfreude aller Beteiligten. "Der Architekt hat unsere Wünsche sehr gut umgesetzt", urteilt Christoph Ameling. "Im neuen Stadtarchiv in der Speicherstadt werden Mitarbeiter wie Besucher optimale Bedingungen vorfinden", steht für Hannes Lambacher fest.
Fotos: In der Speicherstadt arbeitet im Spätherbst auch das Stadtarchiv. Die Bauherrrin, die Westfälisch-Lippische-Vermögensverwaltungsgesellschaft, ist bereits eingezogen.
Im neuen Domizil gibt es für das Stadtarchiv viel Platz: In offene Räume werden Lesesaal, Büros, Werkstätten und Magazine eingebaut.