"Wir setzen Maßstäbe", weiß Hans-Joachim Schlumm, der Leiter des Ausländeramtes. "Wie wir mit den Neuankömmlingen umgehen, ist ungeheuer wichtig, denn so ein Verhalten wird dann auch von anderen Deutschen erwartet." Und dennoch wirken Münsters wichtige Imagebildner Tag für Tag vornehmlich im Verborgenen.
25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich im Ausländeramt um die 25 000 in Münster lebenden Bürgerinnen und Bürger aus etwa 150 Staaten. "Einheitssachbearbeitung" ist der spröde Verwaltungsbegriff für ein sehr faires Arbeitsprinzip: Bewusst soll vermieden werden, dass Ausländerinnen und Ausländer sich nach Staatszugehörigkeit, Ausbildungsstand oder gar Vermögen klassifiziert fühlen. "Unsere Kunden sind keine Bittsteller, wir sind die Dienstleister", stellt Schlumm klar. "Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Wünsche erfüllt werden könnten. Wir sind an Recht und Gesetz gebunden und müssen uns dabei in einem oft sehr engen Korsett bewegen."
Der Umzug in die neuen Räume an der Südstraße vor knapp zwei Jahren hat enorm geholfen, den Dienstleistungsgedanken auch beim öffentlichen Auftritt zu unterstreichen. Nach den engen Fluren der alten Büros in der Engelstraße wirken die sonnigen und hellen Räume im Anbau des Stadthauses 2 freundlich und sachlich. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Infotheke im Erdgeschoss leiten die Ratsuchenden an ihre Kollegen weiter und helfen kompetent bei ersten Anliegen. So muss kaum noch einer nach drei Stunden Wartezeit unverrichteter Dinge nach Hause ziehen, nur weil vielleicht ein Dokument fehlt.
Der freundliche Service war vermutlich ein wichtiges Kriterium für die Nominierung. Mittlerweile wurde das Angebot anderenorts noch ausgebaut. Seit Ende Mai bietet das Amt während des Semesters im Begegnungszentrum "Die Brücke" eine 14-tägige Beratung an. Zu Beginn des Wintersemesters, wenn die ausländischen Studierenden verstärkt Orientierung brauchen, gibt es wieder zusätzliche Beratungstermine. "Wir haben da einen separaten Raum mit Wohnzimmer-Flair, den das Internationale Zentrum der Uni uns kostenlos zur Verfügung stellt. Da bringt auch mal jemand ein Stück Kuchen. So entwickelt sich natürlich eine ganz andere Gesprächsatmosphäre als in der Dienststelle", schmunzelt Schlumm. Kein Wunder, dass das Angebot sehr gut angenommen wird.
Die Arbeitsplätze im Amt für Ausländerangelegenheiten sind auch verwaltungsintern nicht gerade der Renner. Komplizierte Materie, zum Teil schwierige Klientel - dem Amt hängt immer noch das Image des inhumanen Bürokratismus an. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen ihren Job mit einigem Herzblut und versuchen, aus den verfahrensten Situationen noch einen Ausweg zu finden. "Wir sind für alles zuständig hier: Aufenthaltsgenehmigungen, Familien-Nachzug, natürlich auch Abschiebungen. Wir beraten 25-köpfige taiwanesische Studentengruppen, lassen uns von Menschen ohne Ausweispapiere bisweilen Märchen aus 1001 Nacht erzählen und sind der Brückenkopf zu anderen Behörden", erklärt Schlumm. Wenn der Mann aus der Elfenbeinküste seinem Neffen in Münster kein Geld überweisen kann, weil dort Krieg herrscht, versuchen wir alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit der Neffe sein Studium in Münster weiter finanzieren und zu einem Abschluss bringen kann.
Die Vielsprachigkeit der Kolleginnen und Kollegen im Amt erleichtert den Umgang mit der Kundschaft. "Natürlich stoßen wir auch an Grenzen", erinnert sich Schlumm, "wie bei dem Fall eines Chinesen vor vielen Jahren: Die Kommunikation lief über Gesten und Zeichensprache, aber er verabschiedete sich anschließend ‚schwimmend‘, weil er glaubte, es handle sich um eine übliche Grußformel."
Im Dezember gibt die Alexander von Humboldt-Stiftung bekannt, welcher Stadt die Auszeichnung verliehen wird. Neben Münster sind 51 weitere Städte von ausländischen Wissenschaftlern und Studierenden vorgeschlagen worden. Das Preisgeld soll der qualifizierten Arbeit in den Ämtern zugute kommen. "Sollten wir den Preis bekommen", so Schlumm, "werden wir unsere Beratungen intensivieren. Denn ein vertrauensvoller Umgang mit den Menschen und solide Informationen über die Rahmenbedingungen beim Aufenthalt in Deutschland schaffen Klarheit. Das erleichtert ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die persönliche Planung und erspart ihnen aussichtslose Anträge."