Anspruch auf Grundsicherung haben seit Januar 2003 zum einen alle ab 65 Jahren mit geringer oder gar keiner Rente. Zum anderen bekommt die Leistung, wer 18 Jahre alt und aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert ist. Voraussetzung in beiden Fällen: Der Lebensunterhalt kann nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen und auch nicht aus dem Einkommen oder Vermögen des Ehegatten oder des in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partners bestritten werden.
Im Unterschied zur Sozialhilfe wird bei der Grundsicherung das Einkommen von Kindern oder Eltern nicht zum Unterhalt herangezogen, solange es 100 000 Euro im Jahr nicht übersteigt. Damit sollte eine Ursache verschämter Altersarmut entfallen. Denn, so wurde vermutet, viele alte Menschen beantragen keine Sozialhilfe, weil sie befürchten, dass dann nahe Angehörige mit ihrem Einkommen zum Unterhalt herangezogen werden.
3514 Anträge in Münster
In Münster gingen bis Ende September 2003 genau 3514 Anträge auf Grundsicherung ein, berichtete Sozialamtsleiter Michael Willamowski. 1614 Menschen erhielten zu diesem Zeitpunkt monatlich im Durchschnitt 321,18 Euro Grundsicherung. Davon bekamen zuvor schon 1216 laufende Sozialhilfe. Immerhin 398 erhielten früher keine Sozialhilfe, sie dürften also zum Kreis der "verschämten Armen" gehört haben. Ablehnen musste das Sozialamt 1443 Anträge.
In 342 Fällen steht die abschließende Entscheidung noch aus. Hier muss erst noch der Rentenversicherungsträger - für Münster ist das in 90 Prozent der Fälle die LVA Westfalen - in einem Gutachten klären, ob eine dauerhaft volle Erwerbsminderung vorliegt.
Um die Bürgerinnen und Bürger umfassend über Ansprüche auf die neue Leistung aufzuklären, hatten Stadt und LVA bereits ab Mitte 2002 in enger Abstimmung intensiv in Veranstaltungen und mit schriftlichem Material informiert. Die LVA schrieb Ende vergangenen Jahres 414 000 Rentner mit weniger als 844 Euro monatlicher Rente - davon etwa 10 000 in Münster - an. Dazu kamen Hotlines und Sondersprechstunden sowie ein einfach zu bedienender "Grundsicherungsrechner" und Online-Antragsformulare in Münsters Stadtnetz publikom (www.muenster.de/stadt/grundsicherung).
Wann lohnt sich ein Antrag?
Zwar hat der Gesetzgeber hat Anspruchsgrenzen für Grundsicherung eng gesteckt. Dennoch besteht bei niedrigen Renten durchaus Aussicht auf Erfolg. Zwei realistische Beispiele: Eine alleinstehende Frau mit einer Rente von 400 Euro und Mietkosten einschließlich Heizung von 300 Euro hat einen Anspruch auf 240,40 Euro monatlich. Ein Ehepaar mit gemeinsam 900 Euro Rente und Warmmiete von 400 Euro erhält immerhin noch etwa 121,80 Euro Grundsicherung dazu.
Als Bedarf an Grundsicherung gilt: Sozialhilfe-Regelsatz plus 15 Prozent des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes plus angemessene Aufwendungen für Unterkunft, Heizung und eventuell Kranken- und Pflegeversicherung; Schwerbehinderte mit einem "G"-Ausweis erhalten 20 Prozent Zuschlag zum Regelsatz. Von diesem Betrag werden Rente und anderes Einkommen und eventuell einzusetzendes Vermögen abgezogen. Den Differenzbetrag überweist die Kommune als monatliche Grundsicherung.