Reinhard Herrmann (1923-2002) schuf in über 50 Jahren ein vielseitiges Werk. "Die frühen Holzschnitte aus den 1940er Jahren sind noch stark von einem spätexpressionistischen Ausdruck geprägt", skizziert Ausstellungskurator Dr. Axel Schollmeier. "Hingegen spiegelt die Werbe- und Gebrauchsgrafik der 1950er Jahre in Farbigkeit und Figuren den frischen Geist jener Zeit", führt der stellvertretende Leiter des Stadtmuseums weiter aus.
Mit Reinhard Herrmann rückt das Haus an der Salzstraße nach Friedrich Gebhart erneut das Schaffen eines Lehrenden der Werkkunstschule Münster (später Fachhochschule für Design) in den Blickpunkt. Über 35 Jahre gab Herrmann jungen Studierenden dort die Grundlage für sein eigenes Werk weiter - handwerkliches Können und ästhetische Klarheit. Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé: "Das Stadtmuseum Münster macht mit der zweiten Retrospektive in diesem Jahr zu einem Lehrer der Werkkunstschule Münster deutlich, dass diese Ausbildungsstätte herausragende Lehrer besaß, die bislang zu wenig Beachtung gefunden haben".
1948 beendet Herrmann sein Studium an der Meisterschule des deutschen Handwerks in Münster. Erste Arbeiten: Freie Holzschnitte mit religiösen Themen, Aquarelle mit handgeschriebenem Text in Buchform, Auftragsarbeiten für Holzschnittillustrationen in Leseheften. Schon 1949 kommt der Auftrag, mit dem der junge Grafiker den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere als Illustrator von Kinderbüchern legen sollte: Der Verlag Aschendorff bittet Herrmann und dessen Studienkollegin und späterer Ehefrau Ulla Rottmann um die Gestaltung der Schulfibel "Das erste Jahr". Der Erfolg setzt sich 1954 mit dem zweiteiligen Schulbuch "Komm wir lesen" fort. Mit diesen Fibeln und ihren Nachfolgern lernen Schulklassen bis weit in die 1980er Jahre hinein Lesen und Schreiben.
"In all seinen Buchillustrationen hat Herrmann hat das Kunststück vollbracht, gleichermaßen die Lust am Schauen wie am Lesen zu fördern", beschreibt Axel Schollmeier die motivierenden Zeichnungen mit Feder sowie mit Aquarell- und Temperafarben.
Von dem charakteristischen Stil in der Reduktion von Form und Farben zeugen in der Ausstellung vor allem die Zeichnungen für biblische Kinderbücher. 1973 begann Herrmann für den Verlag Ernst Kaufmann mit den Bildarbeiten zur Elementarbibel. Diese in einfache Sprache gefasste Kinder- und Schulbibel entstand über einen Zeitraum von zwanzig Jahren in acht Teilen, bevor sie 1998 als überarbeitete Gesamtausgabe veröffentlicht wurde. Als 1993 der letzte Einzelband erschien, hatte Reinhard Herrmann für dieses Werk über 740 Abbildungen gezeichnet.
Internationales Ansehen erlangten auch seine biblischen Kinderbücher für das Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn. 1997 erschien mit "Aurelius und der Schafsdieb" das letzte von Reinhard Herrmann illustrierte Kinderbuch. Die Zeichnung war ihm nie Selbstzweck, sondern diente ihm stets als Vermittlerin des Inhaltes. Hermann verband dies mit einer hohen historischen Authentizität, die allen seinen biblischen Illustrationen eigen ist. Dr. Axel Schollmeier: "Er hat bei den biblischen Kinderbüchern Maßstäbe gesetzt, die noch lange gültig sein werden". (18. November bis 15. Februar im Stadtmuseum Münster, Eintritt frei; ausstellungsbegleitend Führungen und Kinderprogramm.
Fotos: Die Aufnahme zeigt den Illustrator Reinhard Herrmann im Jahre 1989.
"Adam und Eva essen vom Baum der Erkenntnis" (Feder und Aquarell, 1978), Originalvorlage für die Elementarbibel
"Die Schöpfung" (Tusche und Tempera, 1961), Originalvorlage für ein Kinderbuch
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