Fest verankert ist das Festival der Sprache mit dem Preis der Stadt Münster für Europäische Poesie. Die mit 15 500 Euro dotierte Auszeichnung geht in diesem Jahr an Daniel Banulescu (Rumänien) und seinen deutschen Übersetzer Ernest Wichner.
In seinem Auftakt und seinem Abschluss überschreitet das Lyrikertreffen die Grenzen des Wortes. Forum für die Lesung am 2. Juni ist die Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst am Hafen mit der Ausstellung „XXX" von Julia Heinrich. In provokativen Stickereien im Kreuzstich hat die Künstlerin aus Münster prägnante Sätze aus Begegnungen des Alltags festgehalten. Umgeben von diesen Arbeiten lesen neben Anja Utler aus Wien - sie legt in diesem Jahr ihren ersten Gedichtband vor - und Hans Thill aus Heidelberg auch Marion Poschmann und Sarah Kirsch, die in ihren Gedichten das alltäglich Vertraute in faszinierende poetische Sprach-Bilder übersetzen.
Rezitation, bildende Kunst, Gesang und Musik
„Live“ dringen dann mit ihren Gedichten am 4. Juni im Stadttheater zwei Schriftsteller in den Raum der bildenden Kunst ein. Paul Bogaert (Belgien) und Tonnus Oosterhoff (Niederlande) tragen ihre Gedichte vor und präsentieren zeitgleich lyrische Computer-„Animationen“ oder PC-„Mobilés“. Vergleichbares auf akustischem Wege geschieht bei dem Doyen der zeitgenössischen slowenischen Dichtung, Dane Zajc. Er bildet mit dem Akkordeonisten Janez Škof ein Duo, dessen charismatische Darbietungen aus Rezitation, Gesang und Musik in halb Europa bereits Legende sind. Ausdrucksformen der Neuen Musik greifen Aleš Šteger (Slowenien) und Kontrabassist Peter Gruber auf. Die Performance des Schweizers Christian Uetz schließlich steht für furios artistische und zugleich hochmusikalische Wortkaskaden.
Drei Große der europäischen Dichtkunst
In der traditionellen Form der Lesung präsentiert das Lyrikertreffen am 3. Juni drei Große der zeitgenössischen europäischen Dichtkunst: Anne Duden und Wulf Kirsten aus Deutschland und den Schweden Lars Gustafsson. Mit Jan Wagner ist ein Autor der Generation der Dreißigjährigen zu Gast, der bereits zwei hoch gelobte Gedichtbände vorgelegt hat und wachsende Aufmerksamkeit findet. Den Abend eröffnet der renommierte niederländische Dichter Tomas Lieske.
Fester Programmteil des Lyrikertreffens ist das „In memoriam“. Es gilt Nicolas Born (1937 - 1979), einem der bedeutendsten Autoren der Nachkriegsliteratur, der in diesem Jahr postum den Peter-Huchel-Preis zuerkannt bekam. Katharina Born hat 2004 die Gedichte ihres Vaters herausgegeben und stellt das Werk in Münster im Gespräch mit Kritiker Michael Braun vor. Titel der Veranstaltung am 3. Juni im Rathaus: „Das Auge des Entdeckers“.
Gedichte aus 500 Jahren
Dieter M. Gräf ist als Herausgeber der Anthologie „Das leuchtende Buch. Die Welt als Wunder im Gedicht“ zu Gast. Mit dieser Einladung erweist das Lyrikertreffen dem 1200-jährigen Jubiläum des Bistums Münster seine Reverenz. Denn Dieter M. Gräf hat in seiner Anthologie Gedichte aus den letzten 500 Jahren versammelt, die der menschlichen Sehnsucht nach Selbstüberschreitung, nach der Fülle der Wirklichkeit und dem Wunder der Sprache Ausdruck verleihen. Er tritt gemeinsam mit Christian Lehnert auf, der selbst in der Anthologie vertreten ist und dazu passende eigene Gedichte liest.
Eine inspirierende Tradition setzt das Lyrikertreffen Münster mit den Schullesungen fort. Wieder sind Schulen in der Stadt aufgefordert, Dichter ins Klassenzimmer einzuladen - zur unmittelbaren Begegnung und Auseinandersetzung.
Die Verleihung des „Preises der Stadt Münster für Europäische Poesie“ an Daniel Banulescu und Ernest Wichner bildet am 5. Juni im Rathaus den feierlichen Abschluss des Lyrikertreffens. Tags zuvor ist eine eigene Lesung den Preisträgern gewidmet. Die Jury urteilte in ihrer Begründung über Daniel Banulescu: "Das lyrische Alter Ego dieses Dichters sucht stets die Verbindung von Schönheit und Schock und stellt sich demonstrativ in die Tradition eines radikal amoralischen Äshetizismus“.
Künstlerische Leitung und Moderation des Lyrikertreffens liegen bei Susanne Schulte, Hermann Wallmann und Norbert Wehr. Es wird veranstaltet von der Stadt Münster, dem Literaturverein Münster und der GWK, Gesellschaft für Westfälische Kulturarbeit.
Info: Ein ausführliches Programmheft ist in der Münster Information im Stadthaus 1 erhältlich. Karten im Vorverkauf ab 3. Mai: Theaterkasse der Städtischen Bühnen, Telefon 02 51 / 41 46 71 00. Infos im Internet: www.lyrikertreffen.muenster.de