Wer als Asylbewerber oder aus humanitären Gründen in Deutschland Zuflucht sucht, hat auch nach dem Zuwanderungsgesetz keinen Anspruch auf einen Sprachkurs. Tatsächlich bleiben diese Menschen aber meist über Jahre oder auf Dauer hier. "Also müssen wir ihnen gleich zu Beginn die Chance zur Integration geben. Sonst isolieren wir sie und schaffen in der Stadt Parallelgesellschaften mit den bekannten Problemen und Konfliktpotenzialen", erläutert Jochen Köhnke, in der Stadtverwaltung Dezernent für Aussiedler-, Flüchtlings- und Asylbewerberangelegenheiten.
In Münster gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens zur Flüchtlingsarbeit. Grundlage ist ein Konzept mit Zielen und Anforderungen, das der Rat bereits vor Jahren einstimmig beschlossen hat. An der Ausarbeitung und Umsetzung waren und sind neben Politik, Stadtverwaltung und Ausländerbeirat unter anderem Bildungsträger, Kirchen, soziale Initiativen, Wohnungswirtschaft und viele engagierte Einzelpersonen aus der Bürgerschaft beteiligt.
Menschenunwürdige Massenunterkünfte, die Flüchtlinge abschrecken sollen, tatsächlich aber nur konfliktbeladene und auf Dauer kostspielige Enklaven innerhalb der Stadt schaffen, gibt es in Münster nicht. Der Rat hat beschlossen, dezentral Übergangseinrichtungen für jeweils etwa 50 Migranten zu schaffen, die in die Stadtteile integriert werden können. Zwölf solche Einrichtungen gibt es aktuell. Darin leben zurzeit 750 der insgesamt knapp 6000 Flüchtlinge aus fast 50 Nationen.
Künftig erhalten Flüchtlinge innerhalb der ersten drei Monate das Angebot zur Teilnahme an dem Sprach- und Integrationskurs. Er erstreckt sich an 60 Vormittagen über jeweils drei Unterrichtsstunden. Zum Sprachtraining kommen Informationen, Tipps und Anleitungen wie: Leben in Münster, Sich zurechtfinden im Wohnumfeld, Einkaufen, Gesundheit und Arztbesuch, Freizeitangebote, nachbarschaftliches Miteinander, Normen und Wertvorstellungen.
"Sprache ist das A und O für Verständigung und Verständnis zwischen den Migranten und ihren deutschen Nachbarn", betont Jochen Köhnke. Er registriert eine große Bereitschaft unter Anwohnern von Übergangseinrichtungen, den Austausch mit Flüchtlingen zu suchen und für deren Eingliederung aktiv zu werden - sei es mit der Gründung einer Mutter-Kind-Gruppe, mit Stadtteilerkundungen, in Spielgruppen oder im Malangebot für Flüchtlingskinder.
Von diesem Engagement lebt auch der bundesweit einmalige neue Kurs. Studentinnen und Studenten wirken mit, Ehrenamtliche aus unterschiedlichen Berufen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Die Koordination liegt beim Bildungsinstitut Münster e.V.
Der Kurs startet im Januar in den Räumen des Jugendzentrums Wuddi im Stadtteil Kinderhaus. Die 20 Teilnehmer aus vier Übergangseinrichtungen stammen unter anderem aus Nigeria und Kongo, Armenien und Aserbaidschan. Im April beginnt der zweite Kurs. Dafür stehen schon 18 Teilnehmer auf der Warteliste.