"Es kann keine Rede davon sein, dass die Finanzkrise der Kommunen überwunden ist", so Stadtkämmerin Helga Bickeböller vor dem Rat. Die Kommunen befänden sich derzeit in ihrer bislang schwersten Finanzkrise. Gleichwohl werde in Münster die vergleichsweise gute Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr dazu beitragen, dass auch für 2005 der Haushaltsausgleich zu schaffen sei.
Selbst bei den guten Steuereinnahmen relativiert sich manches mit einem Blick zurück. Zwar steigt das Gewerbesteueraufkommen 2004 gegenüber dem Vorjahr um 55 auf 220 Mio Euro. Es liegt damit aber immer noch weit unter dem Rekordergebnis von 250 Mio Euro in 1998.
Ausgesprochen gut sind die Ankündigungen der städtischen Finanzchefin für die Steuer- und Gebührenzahler, wobei die Stadtverwaltung anders als etwa die Stadtwerke aber auch nicht in der wenig beneidenswerten Situation ist, sprunghaft gestiegene Rohstoffpreise weitergeben zu müssen. Die Verwaltung schlägt - seit jetzt schon über zehn Jahren - keine Erhöhung der Gewerbesteuer vor. Auch bei den Grundsteuern sollen die Hebesätze unverändert bleiben. Mit Ausnahme der Abwassergebühren sollen keine Gebühren steigen, die Straßenreinigungs- und die Gewässergebühr sollen sogar sinken, während die Abfallgebühren aufkommensneutral umstrukturiert werden.
Der Entwurf des Gesamthaushalts beläuft sich auf 801,5 Mio Euro (minus 0,4 Prozent). Als wichtigste Risikoposition nannte die Kämmerin die Hartz-IV-Gesetzgebung. So habe das Land Nordrhein-Westfalen bisher vorgesehen, das frühere Wohngeld im Jahr 2005 über Schlüsselzuweisungen zu verteilen. Dann würde Münster als "wohlhabende" Kommune leer ausgehen. Auf Einspruch hin habe die Landesregierung zwar einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der diese Benachteiligung korrigiere. Erst wenn dieser im Januar den Landtag ohne größere Änderungen passiert habe, könne die Stadt damit rechnen, dass das ihr zustehende frühere Wohngeld tatsächlich an sie weitergeleitet werde.
Die Kämmerin appellierte, die vorgesehene Nettoneuverschuldung von 51,8 Mio Euro sehr ernst zu nehmen. Trotz des niedrigen Zinsniveaus müsse die Stadt im kommenden Jahr 47 Mio Euro an Zinsen und Tilgungen leisten. Ein Zinsanstieg würde die städtischen Handlungs-möglichkeiten unweigerlich noch weiter einschränken.
Auch der Oberbürgermeister hatte in seiner Rede diesen Punkt angesprochen. OB Tillmann: "Wir müssen unsere Neuverschuldung herunterfahren, indem wir unsere Investitionen nach klaren Prioritäten ausrichten." Dazu gehöre auch der finanzpolitische Mut, "uns vor allem mit den Bildungs- und Entwicklungschancen unserer Kinder und Jugendlichen zu beschäftigen und hier deutliche Programm- und Finanzakzente zu setzen".
Einen Etatentwurf der herkömmlichen Art wird es übrigens in einigen Jahren nicht mehr geben. Stadtkämmerin Bickeböller wies auf das wichtige Reformprojekt Neues Kommunales Finanzmanagement. Bis 2009 müssen die Kommunen in Nordrhein-Westfalen die kaufmännische Rechnungslegung einführen. Münster steht als Modellkommune besonders in der Pflicht, diesen Reformprozess zügig umzusetzen.
Auch die Ratsmitglieder sind von dieser Änderung unmittelbar betroffen. Der bisher nur mit Einnahmen und Ausgaben aufgestellte Haushalt wird künftig auch Aufwendungen und Erträge sowie die Ein- und Auszahlungen beinhalten. Die Kämmerin: "Mit dieser neuen Form der Rechnungslegung kann der Rat den 'Konzern Stadt' künftig wesentlich besser über Zielvorgaben steuern."