"Die beiden Lesehefte sind ein wertvolles Zeugnis aus der Geschichte dieses Hauses", freut sich die Leiterin der Stadtbücherei, Monika Rasche. "Sie geben Aufschluss darüber, wie in den 30er und 40er Jahren die Ausleihe abgewickelt wurde."
Auswahl nur per Wunschzettel
Da die Leser damals nicht selbst an den Regalen in den Büchern stöbern und ihre Wahl treffen konnten, enthielt das Leseheft einen Wunschzettel. "Leser, die keine bestimmte Auswahl treffen wollen, können sich Bücher vorschlagen lassen. Soweit es Zeit und Rücksicht auf andere Leser erlauben, sind die Bibliothekare gern bereit, jedem Leser, der es wünscht, mit Rat und Auskunft an die Hand zu gehen", besagen die Erläuterungen zum Wunschzettel. Entsprechend ausführlich war auch die "Benutzungs-Anweisung" für den "Auslieferungs- und Belegzettel". Der so genannte Ausleih-Beamte trug die Nummer des Buches ein und stempelte das Rückgabedatum ein. Der Leser musste Titel und Verfasser eintragen, denn "ohne diese Eintragung wird kein entliehenes Buch zurückgenommen".
Bücher sind vor dem Wegtragen in Papier einzuschlagen
In der Spalte "Bemerkungen" konnten die Leser etwa ein "g" für "gefallen" eintragen. "Dann wird der Ausleihbeamte die Leser, die einen Rat bei der Auswahl wünschen, mit einiger Aussicht auf Erfolg unterstützen können." Und, ganz wichtig: "Die Bücher sind vor dem Wegtragen in Papier einzuschlagen und eingeschlagen wieder zurückzubringen", hieß es damals unmissverständlich.
Das Ehepaar Wilhelm und Tony las laut Leseheft überwiegend Unterhaltungsromane. "Einige der Titel kenne ich noch aus dem Bücherregal meiner Eltern. Heute noch am bekanntesten dürfte 'Die Feuerzangenbowle' sein", so Monika Rasche zur Auswahl der inzwischen meist vergessenen Werke.
Nur ein Buch fällt aus der Reihe: "Die Juden in Deutschland". Die Inhaberin des Leseheftes hat sich eines Kommentars enthalten und einen Strich in das Feld "Bemerkungen" gemacht. Das Buch muss damals sehr verbreitet gewesen sein, denn es ist noch in zahllosen Bibliotheken vorhanden. Aber nicht in der Stadtbücherei Münster, deren Bestände im Krieg zerstört wurden oder nach dem Krieg in einen so genannten NS-Verwahrbestand überführt wurden. Foto: Die Lesehefte aus dem Jahr 1939 von Wilhelm und Tony sind bis zum 26. August in der Stadtbücherei ausgestellt. Foto Veröffentlichung honorarfrei.