Nach Angaben von Münsters Sozial- und Jugenddezernentin Dr. Agnes Klein und Wolfgang Rometsch, Leiter der LWL-"Koordinationsstelle Sucht", ist das Projekt "Sekundäre Suchtprävention mit spätausgesiedelten Jugendlichen" auf zweieinhalb Jahre angelegt. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge stellt dafür 300 000 Euro Förderung bereit. Es hofft, dass mit dem münsterschen Modell bundesweit entsprechende Vorhaben in Kommunen angestoßen werden können. Auch eine Unterstützung des Projektes aus Mitteln der städtisch verwalteten Stiftung Siverdis ist vorgesehen.
Seit Ende der Achtzigerjahre sind rund 14 000 Spätaussiedler aus GUS-Staaten nach Münster gezogen, darunter etwa ein Drittel Kinder und Jugendliche. Ihre Eingliederung fördert die Stadt mit unterschiedlichsten Angeboten. Dazu gehören auch spezielle Projekte für Jugendliche. Ein Beispiel ist "Privjet", das junge Aussiedler bei der sprachlichen und kulturellen Integration, der Berufswahl-Vorbereitung und der Lebensplanung begleitet. Städtische und freie Träger arbeiten seit Jahren eng zusammen, um die Integrationsangebote nach aktuellem Bedarf abzustimmen und weiter zu entwickeln.
Auch die niedrigschwelligen Spezialangebote für Konsumenten "harter" Drogen wie Heroin finden in Münster bei Spätaussiedlern hohe Akzeptanz. Bei den Beratungen der städtischen Drogenhilfe stellen sie einen Anteil von rund 20 Prozent. Von den Nutzern des Drogenkonsumraums des Vereins Indro sind inzwischen etwa 30 Prozent Spätaussiedler.
Im Gegensatz dazu ist an gefährdete junge Menschen mit riskantem Konsum von Alkohol und anderen "weichen" Drogen wie Cannabis kaum heranzukommen. Hinweise des Kommunalen Sozialdienstes, der Polizei und von Jugendeinrichtungen zeigen, dass diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Gefahr stehen, in handfeste Drogenabhängigkeit mit allen Folgeerscheinungen abzurutschen.
Der neue Ansatz in Münster stützt sich auf die Zusammenarbeit mit Autoritäten, die von den jungen Menschen akzeptiert werden. Dazu sollen Gleichaltrige aus Cliquen und Jugendeinrichtungen in mehrtägigen Seminaren als Meinungsführer geschult werden. Gleiches gilt für Schlüsselpersonen aus der Jugendarbeit. Eine weitere Zielgruppe sind Eltern und andere Familienangehörige, da die Familie bei Spätaussiedlern kulturell einen sehr hohen Stellenwert hat.
Auch nach den Schulungen hält Projektkoordinatorin Ludmilla Diekmann engen Kontakt zu diesen Multiplikatoren. Die Koordinatorin sowie die Drogenhilfe und die Jugendhilfe der Stadt entwickeln gemeinsam mit den Multiplikatoren Materialien zur Suchtprophylaxe und erproben diese an Ort und Stelle in den Stadtteilen.
Der gesamte Prozess wird von einem unabhängigen wissenschaftlichen Institut begleitet, dokumentiert und ausgewertet. Am Ende soll eine übertragbare Handlungsanweisung stehen, die von interessierten Kommunen auf ihre Verhältnisse für die Suchtprävention kopiert werden kann.