26.11.2009
Mehr Gewinn als 1,50 Euro pro Stunde
AMS: Arbeitsgelegenheiten erhöhen die Chancen von Arbeitslosen
Münster (SMS) Rund 500 Hartz IV-Empfänger bessern in Münster mit Arbeitsgelegenheiten die Haushaltskasse auf. Doch die gemeinnützige Arbeit bringt ihnen weit mehr als nur 1,50 Euro pro Stunde. "Sie erleben ein Stück geregelten Alltag, können neue Dinge ausprobieren und senden positive Signale an künftige Arbeitgeber aus", sagt Raphael Castelli von der Arbeitsgemeinschaft Münster (AMS).
Castelli verwendet ausschließlich die Bezeichnung "Arbeitsgelegenheiten", kurz AGH. Dass sich im Sprachgebrauch die abwertende Rede von "Ein-Euro-Jobbern" hartnäckig hält, ärgert den Arbeitsvermittler der AMS, in der Stadt und Arbeitsagentur bei der Umsetzung von Hartz IV zusammenarbeiten. "Ganz abgesehen davon, dass in Münster 1,50 Euro gezahlt wird: Der Begriff klebt den Betroffenen ein Etikett auf, das ihnen nicht gerecht wird", sagt er.
Wer eine Arbeitsgelegenheit annehme, verkaufe sich nicht unter Wert, sondern leiste wertvolle Arbeit für die Allgemeinheit. Eine AGH sei auch nicht das letzte Mittel in den Integrationsbemühungen, sondern eine gute Gelegenheit, Perspektiven zu entwickeln, ein Stück Normalität zu erleben und nicht zuletzt das Arbeitslosengeld II aufzubessern. Bis zu 20 Stunden gemeinnützige Arbeit dürfen Langzeitarbeitlose in einer AGH leisten. Das bringt eine monatliche Mehraufwandsentschädigung von rund 120 Euro, die zusätzlich zum Arbeitslosengeld II gezahlt wird.
Das Imageproblem rühre daher, dass Arbeitsgelegenheiten häufig in Verbindung mit so genannten niederschwelligen Arbeitsangeboten für Geringqualifizierte und Ungelernte gesehen werden, erklärt AMS-Mitarbeiter Castelli. Diese Jobs gebe es natürlich auch. Daneben biete eine Stadt wie Münster aber eine Menge anspruchsvolle Aufgaben, in denen sich Langzeitarbeitslose mit oder ohne qualifizierte Ausbildung beweisen können. "Eine AGH macht sich im Lebenslauf deutlich besser als Arbeitslosigkeit", so Castelli.
Schlagzeilen haben in jüngster Vergangenheit die Busbegleiter gemacht, die in Bussen der Stadtwerke Fahrgästen Unterstützung und Hilfe anbieten. Auch Kindergärten, Schulen, Vereine oder das Stadtarchiv nutzen das Instrument, um in Projekten die Qualität ihrer Arbeit zu verbessern. Mit Abstand größter AGH-Arbeitgeber ist die Stadt mit fast 200 Angeboten. Castelli: "Eine Arbeitsgelegenheit wird aber nur dann zugelassen, wenn kein regulärer Arbeitsplatz gefährdet oder die Dienstleistung nicht auf dem freien Markt angeboten wird."
Ingrid Hudziak und Brigitte Falkenauer gehören zu denen, die ihre gute Ausbildung und langjährige Berufserfahrung in eine qualifizierte Arbeitsgelegenheit einbringen. Seit Monaten unterstützen sie im Amt für Grünflächen und Umweltschutz das Projekt "Münster packt’s - der Bürgerpakt für Klimaschutz". Hudziak und Falkenauer entwickeln und organisieren die Aktionen, dokumentieren die Fortschritte, werben für schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen und wollen dafür sorgen, dass Tausende Bürger mit ihren Unterschriften dem "Bürgerpakt für Klimaschutz" Gewicht verleihen.
"Das ist eine anspruchsvolle Arbeit, auf die ich mich jeden Morgen freue", sagt die gelernte Ergotherapeutin Ingrid Hudziak, die ihr Organisationstalent schon früher als leitende Angestellte in einem Gartencenter bewiesen hat. Auch für Brigitte Falkenauer hat der Job "eine Menge Spaß gebracht und das Selbstbewusstsein gestärkt". Damit ist es für sie jetzt jedoch vorbei: Sie beendet die Arbeitsgelegenheit und kehrt in ihren alten Beruf als Rechtsanwaltsgehilfin zurück.
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"Münster packt’s" mit Arbeitsgelegenheiten (von rechts): Brigitte Falkenauer und Ingrid Hudziak werben mit Achim Specht und Tina Siebel vom Umweltamt für den "Bürgerpakt für Klimaschutz". - Foto: Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.